Unternehmenskultur für IT-Bereich/IT-Mitarbeiter nicht zeitgemäß/wettbewerbsfähig
Arbeitsatmosphäre
Generell: Ich schreibe hier meinen Eindruck der letzten drei Jahre in der IT (zuvor langjährigen Tätigkeit als Informatiker in verschiedenen Unternehmen). Die Arbeitsatmosphäre ist etwas, dass man zu einem Teil über einen längeren Zeitraum ja selber verantwortet. Der andere Teil der Atmosphäre ist durch das Umfeld vorgeben. Wenn die Vorgesetzten das gegenseitige Vertrauen im Team nicht aktiv fördern bzw. sogar unterdrücken, dann kann die Atmosphäre schnell durch Neid, Missgunst und Tratsch zerstört werden.
Zu meinen Erfahrungen bei diesem Arbeitgeber gehörte unter anderem, dass zwei Führungskräfte neue Bewerbungsunterlagen im Großraumbüro besprechen und abfällige Äußerungen über die Bewerbungsfotos ("Muss ein Alkoholiker sein") machten. Oder dass ein Bewerber bei der Einstellung / erste Woche vom Vorgesetzten gesteckt kriegt, was die Führungskraft von bestimmten Leuten ihres Teams hält. In Kombination mit der teilweisen Öffentlichkeit der gemachten Bemerkungen (Großraumbüro) führt das dann zu einem nachhaltigen Bruch im Vertrauen, der Basis aller guten Zusammenarbeit.
Kommunikation
Aus meiner Sicht bemüht sich das Management um eine gute Unternehmenskommunikation und die Mitarbeiter werden über Organisatorisches gut informiert. Das andere ist aber die verstörende Einseitigkeit, dass die Kommunikation hauptsächlich von Oben nach Unten geht.
Keine gute Kommunikation ist auch, wie eine Führungskraft einem neuen Trainee im Großraumbüro (und gut hörbar für alle) eine halbe Stunde lang den Unterscheid zwischen Kleiner und Größer-Zeichen erklärt hatte (Eine Art "Bossplaining", -nur ein Beispiel von vielen). Das beweist natürlich nicht die Unfähigkeit des Trainees, sondern die Defizite im Kommunikationsverhalten der Führungskraft.
Kollegenzusammenhalt
Durchwachsen: Ich habe unter einigen Kollegen Freunde gefunden. wo man auch gerne zusammen was privat unternimmt. Sonst auffällig war für mich die Menge an Tratsch, der hinter dem Rücken von anderen gemacht wird. Da gibt es also Nachholbedarf im Teambuilding.
Vorgesetztenverhalten
Die IT ist wohl in kurzer Zeit sehr stark gewachsen und Führungskräften wurden hauptsächlich nach ihrer fachlichen Qualifikation gewählt. Diese sitzen jetzt fest "einzementiert" in der streng linienorganisierten IT. Die personelle Unveränderlichkeit führt dazu, dass manchmal der "Schwanz mit dem Hund wackelt" statt umgekehrt, wie es sein müsste. Einige der Führungskräfte üben ungeniert (und vielleicht unbewusst) persönliche Macht aus, und zwar unter dem Deckmantel betrieblicher Prozesse und bei allergrößter Korrektheit. Dass für diese Art der Machtausübung jegliches Bewusstsein fehlt, ist eine Unternehmensschwäche.
Interessante Aufgaben
Meine waren ok.
Viele (!) andere Kollegen langweilten sich teilweise monatelang (!).
Arbeitsbedingungen
Großraumbüro. Bessert sich aber.
Gehalt/Sozialleistungen
Es gibt aus meiner Sicht einmal den wichtigen Umstand, dass die IT kein eigenständiges Tochterunternehmen ist, sondern direkt in das Handelsunternehmen integriert. Also kein Wachstumsmarkt und starker Kostendruck, die IT wird im Konzern eher "stiefmütterlich" behandelt und nicht so sehr als strategischer Unternehmensteil. Nicht wettbewerbsfähige Gehälter und anachronistische konservative Werte in der IT führen dazu, dass REWE International den Anschluss an den Arbeitsmarkt für hochqualifizierte IT-Kräfte verliert. Dem begegnet man damit, dass Spezialisten für die techniknahe IT intern aufgebaut werden (Lehrlinge, Trainees). Vakante Seniorpositionen können über lange Zeit nicht besetzt werden.
Karriere/Weiterbildung
Obwohl sich die fachlich Vorgesetzten für passende Schulungen einsetzen, sind die tatsächlich gebotenen Weiterbildungsmöglichkeiten für IT-Experten nicht vorhanden und damit nicht wettbewerbsfähig mit anderen Konzernen. Die vorhandenen Schulungsmöglichkeiten orientieren sich an Handelsangestellten und nicht an der IT. Da fehlt die IT-Strategie, wo der Markt (und somit Arbeitsmarkt für Informatiker) von Big Players wie Amazon herausgefordert wird.
Die jährliche Mitarbeiterbewertung blieb für mich bei aller zur Schau getragenen Korrektheit sehr intransparent. Zielsetzungen gibt es keine, weil der Mitarbeiter selbst "intelligent genug" sei , um seine Ziele zu finden (=Zitat Abteilungsleitung. Eine solche Ausrede für fehlendes People Mgmt. ist eines Konzerns sicher nicht würdig). Alljährliche Gehaltsverhandlungen wie in der IT-Welt üblich gibt es grundsätzlich nicht, was für mich ein Indiz dafür ist, dass ein Großteil der Mitarbeiter gar keine Verhandlungsmacht besitzt (Weil man womöglich woanders kaum einen vergleichbaren Job bekommt?).