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Amazon
Bewertung

Viel Licht, viel Schatten

2,6
Nicht empfohlen
Ex-FührungskraftHat bis 2017 bei Amazon Development Center (Pty) Ltd gearbeitet.

Gut am Arbeitgeber finde ich

Amazon Kapstadt bietet auch sehr jungen Mitarbeitern ohne Ansehen der beruflichen Vorgeschichte gute Chancen auf eine Karriere. Es zählt, was der Mitarbeiter innerhalb des Unternehmens geleistet hat.

Schlecht am Arbeitgeber finde ich

Umgekehrt haben Führungskräfte - oft in ihrer ersten Führungspostion - mangelhafte Kenntnisse in Personalführung und arbeiten statt mit Motivation mit Druck, den sie oft ungefiltert an die Teams weitergeben. Die Gehälter decken kaum die Lebenshaltungskosten und variieren in den deutschsprachigen Abteilungen je nach Bedarf an Agenten zwischen 73 und 96 Rand die Stunde.

Verbesserungsvorschläge

Als ich Teamleiter wurde bekam ich als erstes zu hören Agenten haben kein Vertrauen in das Management. Auch das Führungsteam sollte sich viel stärker an die von Amazon aufgestellten Regeln halten und den Agenten eine Vorbildfunktion sein. Dies führt nicht nur zu einem höheren Vertrauen, sondern rechnet sich auch in Bezug auf Motivation und besserer Leistung der Teams.

Arbeitsatmosphäre

Ich kann hier nur für die deutsche Community bei Amazon in Kapstadt sprechen. Von den südafrikanischen Kollegen bekamen wir oft nicht viel mit. Die Atmosphäre innerhalb der Teams bei den Customer-Service-Agenten untereinander ist sehr gut. Kollegialität und Hilfe kann jeder erwarten. Der Zusammenhalt unter den deutschen Agenten ist ebenfalls hoch.
Es gibt ein Reward-Programm, über das sich Mitarbeiter selbst für gute Leistungen von Kollegen auszeichnen können. Vorgesetzte gehen mit Lob eher sparsam um und - da oft sehr jung und unerfahren - arbeiten eher mit Ausübung von Druck. Das Management genießt bei den Agenten kein Vertrauen. Das ist dem Management auch bewusst, unternimmt aber absurderweise nichts dagegen.

Kommunikation

Eine der zentralen Schwachstellen Amazons: Die Kommunikation funktioniert nach meinen Erfahrungen mit Kollegen in Deutschland per Mail oder Chat hervorragend. Muss man sich aber im Gebäude oder an Kollegen in der Zentrale in Seattle wenden, bekommt man selten auch nur eine Antwort. Der Informationsfluss von seiten des Managements ist spärlich und wir haben oft von Neuerungen nur aus deutschen Medien oder direkt vom Kunden erfahren.

Kollegenzusammenhalt

Bedingt durch das Leben im ausland halten die Deutschen hier generell sehr stark zusammen. Das spürt man auch innerhalb der Teams. Man geht immer sehr offen und ehrlich miteinander um, es herrscht eine enorme Hilfsberitschaft insbesondere gegenüber neuen Kollegen.

Work-Life-Balance

Amazon bietet im Jahr 18 Tage Urlaub. Diese Tage werden über das Jahr "verdient". so hat man nach dem ersten Monat des Jahres 1,5 Tage Urlaub, im nächsten 3 usw. Einen Ausgleich dafür entsteht über die zahlreichen Feiertage in Südafrika. Uns wurde im Training gesagt, dass für Amazon Urlaub etwas heiliges ist. Einmal genehmigt, bleibt er auch genehmigt. In der Realität sieht das in einigen Abteilungen anders aus. Je nach Abdeckung und Kontaktuafkommen kann es passieren, dass Urlaub kurzfritig wieder gestrichen wird, neu beantragt und wieder gestrichen wird. Viele Agenten sind dazu übergegangen, ihren Heimatflug vorher zu buchen oder anzugeben, er sei bereits gebucht. Dann bleibt der Urlaub meistens genehmigt.

Vorgesetztenverhalten

Es werden regelmäßig Ziele für das Team und den einzelnen gesetzt. Die Ziele wurden mit der Zeit immer höher gesetzt, so dass sie teilweise für die Teams nicht mehr realistisch sind und nur unter Druck umgesetzt werden konnten.
In Konfliktfällen kann man sich an seinen HR Business Partner wenden, also ein Ansprechpartner in der Personalabteilung. Auf diese Weise soll sichergestellt werden, dass der Mitarbeiter einen neutralen Partner hat, an den er sich wenden kann. Es kommt allerdings auch vor, dass diese Business Partner (selbst Manager) eher Management-Entscheidungen schützen und der Mitarbeite dann wieder alleine dasteht.

Interessante Aufgaben

Hat sich einmal die Routine eingestellt, ist der Agenten-Job nur noch wenig herausfordernd. Jeder Agent hat zwar die Möglichkeit, sich über Projekte auch seinen Job interessanter zu gestalten, das Management hält ihm dann aber oft die nötigen Tools oder Berechtigungen vor. Daher haben in der Vergangenheit viele in meinem Team davon Abstand genommen, sich über ihren Job hinaus zu engagieren.

Gleichberechtigung

Ich habe nie irgendeine Form von Diskriminierung bei Amazon erlebt. Männer und Frauen werden gleich behandelt und praktiziert gelebte Diversity. Das einzig augenfällige ist, dass in einem Land, dass so lange unter Rassenschranken gelitten hat, unser Top-Management fast ausschließlich weiß und männlich ist. Allerdings finden diese Manager in südafrikanischen Unternehmen aufgrund von "Affirmative Action" keinen Job mehr.

Umgang mit älteren Kollegen

Genau wie beim Geschlecht spielt das Alter hier keine Rolle.

Arbeitsbedingungen

Das Gebäude in Kapstadt ist erst wenige Jahre alt, sein Zustand ist allerdings bedenklich. 1600 Mitarbeiter teilen sich 3 Fahrstühle, von denen wenigstens einer täglich defekt ist. Investiert wird nur wenig, Duschen sind abgeschlossen, um Wasser zu sparen, und selbst ein einfacher Lift-Button wird nicht ausgetauscht, weil dieser 30 Euro kostet. amazon nennt das "Frugality", ich nenne das Geiz.

Umwelt-/Sozialbewusstsein

Es herrscht in Südafrika im Vergleich zu Deutschland ein nur mäßiges Umweltbewusstsein. Das Land entwickelt sich gerade erst in Bezug auf effizienten Einsatz oder alternative Energien. Bei einzelnen ist das Bewusstsein in der Firma sehr ausgeprägt, generell herrscht hier noch Nachholbedarf.

Gehalt/Sozialleistungen

Kapstadt hat mittlerweile Lebenshaltungskosten, die deutschem Niveau entsprechen. Mieten und Lebensmittel sind alleine durch die jährliche Inflation von 5% in die Höhe geschossen. Zwar wird deutschen Mitarbeitern ein Sprachenbonus gezahlt, das Gesamtgehalt von umgerechnet ca. 760 Euro brutto kann diesen Anstieg nicht auffangen (aktueller Kurs 1:15). Das muss bei der Überlegung vielleicht eine Zeit in Kapstadt zu leben, in Betracht gezogen werden. Wer kein Geld mitbringt, sitzt sonst in seiner Freizeit in seinem Zimmer. Deutsche bekommen zudem unterschiedliche Gehälter, je nachdem in welcher Abteilung gerade ein höherer Bedarf besteht. Amazon zahlt einen Arbeitgeberanteil der Krankenversicherung, Altersvorsorge und Lebensversicherung. Damit steht Amazon als Arbeitgeber im Mittelfeld bei den Sozialleistungen in Südafrika. Weihnachsgeld ist in Südafrika sehr verbreitet, Amazon zahlt keins. Wer über Weihnachten arbeitet bekommt aber einen Schokoladenriegel. Dafür gibt es den "Candy Cart", der an Feiertagen über die Flure fährt.
Amazon zahlt zum Gehalt für Agenten einen Performance-Bonus, der vierteljährlich ausgezahlt wird.

Image

Als Amazon vor knapp 7 Jahren seine Pforten in Kapstadt geöffnet hat, war es der mit Abstand der beliebteste Arbeitgeber. Viele Deutsche sind damals weg von anderen deutschsprachigen Call Centern, weil die Qualität des Managements in diesen Firmen unzureichend ist und Mitarbeiter nur unter extremen Druck arbeiten. Viele haben sich damals geradezu geehrt gefühlt, für eine Global Player arbeiten zu dürfen, dessen Gehälter damals über dem Durchschnitt lagen. Die Enttäuschung war für viele dann groß, als erleben mussten, dass sie in Bezug auf Management-Qualität und Personalführung vom Regen in der Traufe gelandet sind.
Amazon, von seinen Führungsprinzipien her, die man "Leadership Principles" nennt, und durch ein einzigartiges Feedback-System, dass ich so in keiner anderen Firma kennen gelernt habe,hat hier in Kapstadt eine große Chance vertan: Man kann zwar Feedback über Vorgesetzte abgeben, dieses geht aber an den direkten Vorgesetzten, der meistens seinen Mitarbeiter in Schutz nimmt und das Feedback in den Papierkorb wandern lässt. Theortisch hat auch jeder die Möglichkeit, z. B. technische Probleme zu eskalieren. Feedbacks und Eskaltionen werden aber viel zu oft ignoriert und Agenten haben das Gefühl, man lässt sie gegen eine Betonwand rennen. Das Interesse sich einzubringen erlahmt dann oft nach wenigen Monaten und die Kündigunfsquote ist selbst für dein Call Center auf deutscher Seite extrem hoch. Der starke Druck auf die Agenten hat hat sein weiteres dazu getan, dass Amazon mittlerweile in der deutschen Community einen sehr schlechten Ruf bekommen hat und Agenten ihre Freunde - statt sie zu empfehlen - eher warnen. Alles in allem kann ich eine Bewerbung bei Amazon in Kapstadt nur empfehlen, wenn jemand nur mal für ein paar Monate Auslandserfahrung sammeln möchte. Für ein dauerhaftes Arbeitsverhältnis ist Amazon Kapstadt aus den oben genannten Gründen nicht geeignet.

Karriere/Weiterbildung

Es werden bei Amazon international Weiterbildung und Projektmöglichkeiten angeboten, in denen sich der einzelne für höhere Positionen qualifizieren kann. Amazon setzt sogar voraus, dass künftige Manager sich über ihren Job hinaus engagieren, um sich bewerben zu können. Diese Art von "unentgeltlich in Vorleistung treten" liegt allerdings nicht jedem.

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