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Bundeswehr
Bewertung

SaZ 12 Offizier bei der Luftwaffe

3,5
Empfohlen
Ex-FührungskraftHat bei Bundeswehr gearbeitet.

Gut am Arbeitgeber finde ich

*Wir-Gefühl
*Interessante Tätigkeiten
*Berufsförderung
*Freie Heilfürsorge

Schlecht am Arbeitgeber finde ich

*Bürokratieüberfluss
*Mangelnde Änderungsbereitschaft
*Beurteilungssystem Ad Absurdum geführt
*Probleme werden erst dan angegangen, wenn es bereits zu spät ist

Verbesserungsvorschläge

*Das alte Beurteilungssystem durch ein 360° Feedback ersetzen und die Berufsoffiziere / Unteroffiziere in Assessmentcentern auswählen.
*Komplette Digitalisierung der bürokratischen Infrastruktur auf einer einheitlichen (!) Plattform
*Deutlicher Ausbau flexibler Arbeitszeit(und -ort)modelle in denen Einheiten, in denen dies sinnvoll ist
*Umdenken bei Einsatzbereitschaft: Soldat sollte seine Nicht-Bereitschaft nachweisen müssen, nicht umgekehrt
*Mehr Flexibilität in der Beschaffung durch mehr Wettbewerb

Arbeitsatmosphäre

Es hängt hier sehr stark vom jeweiligen Vorgesetzten und den Kameraden ab. Da eine Verteilung von Dienstposten nicht anhand von "Cultural Fit" geschieht, kann im Grunde jeder Persönlichkeitstyp plötztlich im eigenen Büro sitzen oder die Beurteilungen schreiben. Nach meiner Erfahrung gilt allerdings das Grundprinzip "nicht kritisiert ist ausreichend gelobt". Eine ernsthafte Würdigung, insbesondere der Tätigkeiten während der Auslandseinsätze geschieht eigentlich nur in formalisierter Form durch "Participation Trophies". Die Arbeitsatmosphäre muss als Offizier einfach selbst erschaffen werden und es bedarf eines starken Charakters, sich hier nicht vom weit verbreiteten unkonstruktiven Dauerjammern herunterziehen zu klassen.

Kommunikation

Die Kommunikationswege, die eingehalten werden sollten, sind lang, bürokratisch und starr. Der "kurze Dienstweg", d.h. das Umgehen vorgesehener Pfade un die Nutzung eigentlich nicht erwünschter Kommunikationsmittel (WhatsApp, etc.) macht den Dienstalltag erst möglich. Die Bundeswehr hängt meilenweit hinter den Entwicklungen der freien Wirtschaft hinterher. Es wird völlig veraltete Software verwendet, die zudem nur sehr eingeschränkt nutzbar ist und in ihrer Anwendung gefühlt ins unendliche verkompliziert wird. Durch die Fülle an Meldepflichten gehen teilweise wichtige Inhalte einfach im Sumpf unter. Besonders jüngeren Kameraden ist die Nutzung von archaischen Methoden der Informationsweitergabe eigentlich kaum noch zu vermitteln und sollte dringend überdacht werden.

Kollegenzusammenhalt

Kameradschaft ist hier einfach mehr als Kollegialität. Durch die Schicksalsgemeinschaft Bundeswehr und die äußere Kritik werden alle Soldaten zusammengeschweißt, schon rein rechtlich durch §12 Soldatengesetz. Das Verhalten unbekannter Kameraden in Uniform ist fast ausnahmslos von Freundlichkeit, Aufgeschlossenheit, Vertrauen und Hilfsbereitschaft geprägt. Soetwas findet man vermutlich in keinem anderen Unternehmen.

Work-Life-Balance

Sehr unterschiedlich. Die Bundeswehr hat sich die vergagenen Jahre neueren Arbeitsentwürfen wie Home Office, ortsunabhängigem Arbeiten, Gleitzeit etc. geöffnet und vor allem unter der letzten Ministerin einen großen Sprung in Richtung Work-Life Balance gemacht. Andererseits sieht es in vielen Einheiten, insbesondere den Einsatzverbänden eher so aus, dass ständig Überstunden geschoben werden müssen, um die Einsatzbereitschaft aufrecht zu erhalten. Auch ist die Einsatzbelastung unfair dengegenüber aufgeteilt, die einsatzbereit sind. Es gibt Kameraden, die mehr als 180 Tage pro Jahr an Einsätzen abreißen während sich andere auf einer mangelnden Einsatzbereitschaft wegen Übergewichts (!) ausruhen. Ungemütlich, aber Realität. Wichtig ist auch zu erwähnen, dass diejenigen, die in der Offizierlaufbahn ernsthaft Karriere machen wollen (General), nicht um eine lange Phase ständiger Versetzungen (teilweise häufiger als jährlich) und 60-70h Wochen herumkommen - und dies bei unbestimmtem Ausgang. Eine Karriere ist natürlich machbar, aber ein Scheitern ist hier einfach schon rein statistisch wahrscheinlicher und im Gegensatz zur freien Wirtschaft ist man dann stark an den Arbeitgeber gebunden.

Vorgesetztenverhalten

Hier gibt es wirklich Licht und Schatten, wie schon erwähnt. Ich hatte das Glück, es überwiegend mit fähigen und vorbildlichen Vorgesetzten zu tun zu haben. Allerdings blieben mir auch zwei Charaktere in Erinnerung, denen ich persönlich nicht einmal eine Wasserpistole anvertraut hätte. Hier gilt es, selbst Verantwortung zu übernehmen und den eigenen unterstellten Bereich vor dummen Entscheidungen zu schützen.

Was sich wie ein roter Faden durch alle Vorgesetzten während meiner Karriere zieht, ist der unkritische Umgang mit dem offensichtlich völlig absurden Beurteilungssystem. Allen angehenden Kameraden sei gesagt, dass jede Aussage im Personalgespräch, die von "ich möchte auf jeden Fall Berufssoldat" werden abweicht, sofort mit einer schlechteren Beurteilungsnote abgestraft wird. Es wird nicht primär die Leistung beurteilt, sondern der persönliche Entwicklungswunsch. Das sollte eigentlich anders sein.

Interessante Aufgaben

Ja! Die Kernaufgaben sind bestimmt interessanter als 98% aller anderen Tätigkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Ich durfte in meiner Zeit früh Führungsverantwortung übernehmen, mit Raketen schießen, mehr als 1000 Tage beruflich ins Ausland (USA, Griechenland, Israel, Afghanistan, Mali, Ungarn), mit unzähligen Nationalitäten zusammenarbeiten, an komplexen Einsatzmissionen teilnehmen, auf Ausstellungen und Symposien präsentieren und werde zudem noch dafür bezahlt, Sport zu machen. Und der Spaß unter Kameraden kam dabei auch nie zu kurz!

Einen Stern Abzug für die leider immer noch völlig absurde Bürokratie, die locker 20-25% der eigenen Arbeitszeit kostet und dabei keinen Wert schafft. Hier ist wirklich eine dicke Haut gefragt.

Gleichberechtigung

Bei der Bundeswehr sind alle oliv. Das wird auch so gelebt.

Umgang mit älteren Kollegen

Siehe Gleichberechtigung.

Arbeitsbedingungen

Physikalische Arbeitsbedinungen sind leider katastrophal, zumindest im operativen bereich in dem ich tätig war. Die Gebäude sind zu alt, zu klein und absolut renovierungsbedürftig. Man kommt morgens zur Arbeit und wird bereits mit allen Sinnen beleidigt. Es stinkt, es sieht schlimm aus und der Lärm dringt durch alle Öffnungen des Gebäudes. Da ist es mitunter wirklich schwer, noch gut gelaunt in den Tag zu starten. Obwohl allen die Probleme bewusst sind, führen die bürokratischen Strukturen dazu, dass es mindestens 7 (!) Jahre dauert, bevor ein neues Gebäude steht. Da kommt Freude auf.

Umwelt-/Sozialbewusstsein

Die Bundeswehr hält sich penibel an alle relevanten Umwelt- und Sicherheitsvorschriften und bemüht sich um Inklusion (zivile Mitarbeiter) und soziales Engagement auf lokaler Ebene.

Gehalt/Sozialleistungen

Gehalt ist hervorragend während der Zeit des Studiums, allerdings eher unterdurchschnittlich für einen Mitarbeiter mit Master-Abschluss. Die einschlägigen Besoldungstabellen sind online zu finden. Da die Steuerlast eher gering ist und keine weiteren Gesundheits-/Sozialabgaben anfallen, weicht der Nettobetrag nicht all zu weit vom Brutto ab. Die Vergütung von €110 pro Tag für die meisten Auslandseinsätze klingt erst einmal nach viel, ist aber im Vergleich zu zivilen Arbeitgebern in ähnlichen Szenarien ziemlich mager. Die gesamte Dienstzeit wird nachträglich als Tätigkeit in der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt und seit 2019 hat man als Zeitsoldat auch das Recht, teil der gesetzlichen Krankenversicherung zu werden nach dem Ende der Dienstzeit.

Image

Ich hatte den Eindruck, dass das Image im Ausland deutlich besser ist als hierzulande. Es variiert daher je nach Kontext zwischen einem deutlich positiven Feedback, einer freundlichen Ignoranz oder direkter Ablehnung. Eine Ablehnung im moralischen Sinne meine ich damit weniger, eher ein Sich-nicht damit auseinandersetzen-wollen bzw. Ausweichen. Dies wird vor allem dann konkret, wenn es am Ende der Dienstzeit an die Bewerbungsphase für die zivile Wirtschaft geht. Viele Personaler sind mit den Lebensläufen von Soldaten vollkommen überfordert und entscheiden sich im Zweifelsfall dagegen, sich damit auseinanderzusetzen.

In großen Städten wird einem z.T. verboten, die Uniform zu tragen, weil man damit ja die falschen provozieren könnte. Aus meiner Sicht der völlig falsche Ansatz. Allerdings muss man auch sagen, dass zumindest subjetiv die Akzeptanz von Soldaten in der Öffentlichkeit deutlich besser geworden ist über die letzten Jahre.

Karriere/Weiterbildung

Sobald man sich dafür entscheidet, kein Berufssoldat (bis zur Pension) zu werden und dies auch laut äußert, ist die Karriere eigentlich schon zu Ende. Die Beurteilungen werden auf Durchschnitt korrigiert, da im Kurvensystem die guten Noten dann nur noch denen vorbehalten sind, die dabei bleiben wollen (Leistung ist zweitrangig). Karriere bis in die Spitzendienstposten ist ein steiler, politischer und zermürbender Weg. Mit gleichem Einsatz in der Privatwirtschaft dürfte das Gehalt das 3 bis 4-fache sein am Ende.

Zum Ende der Dienstzeit gibt es eine beachtliche Berufsförderung von ca. 10.000€ sowie viele wertvolle (aber kostenlose) berufliche Weiterbildungsseminare (Projektmanagement, Prozessoptimierung, Qualitätsmanagement etc.). Die meisten ehemaligen Offiziere fangen nach Ihrer Dienstzeit bei einer überschaubaren Riege an "üblichen Verdächtigen" an, zumeist in der Logistik, Rüstungsindustrie, Öffentlicher Dienst oder im Consulting. Arbeitslos muss eigentlich am Ende keiner sein.

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