Enttäuschung mit Ansage
Gut am Arbeitgeber finde ich
Unternehmensbeteiligung, Überstundenhandhabung, Kernarbeitszeit.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Eklatante Mängel im menschlichen Bereich. Erhebliche Führungsdefizite. Viel zu viel heiße Luft und Illusionen (Zertifizierungen, "Bester Arbeitgeber im Jahr XY"-Selbstbeweihräucherung, etc. pp.) ohne nachvollziehbare, spürbare, beobachtbare Abbildung in der Realität. Nach Weggang der Firmengründer, die sicherlich einige entscheidende Aspekte bei der Modellierung ihrer Firma "vergessen" haben, ist die Situation nur noch schlimmer geworden. Einer Handvoll von Führungsvorgesetzten kann eine Selbstverliebtheit in ungesundem Maße angesehen werden - nicht gut.
Verbesserungsvorschläge
Die Firma sollte sich, angefangen ganz oben bis nach ganz unten, sehr ehrlich und sehr gründlich selbst analysieren und endlich (geredet wird darüber seit Jahren) wirksame Instrumente finden, um die Belegschaft wirklich, aufrichtig und nachhaltig zusammen zu bringen. Das Haus verfügt über ein ungeheures Potential, welches durch eklatante Schwierigkeiten gerade im menschlichen Bereich schlichtweg verbrannt wird.
Die Führungskräfte der Firma täten gut daran, sich für wenigstens einen Moment mal aus dem selbstgeschaffenen Spotlight zu nehmen und über die Essenz ihrer jeweiligen Rolle nachzudenken. Und wenn man dann noch zu der Feststellung käme, dass ein "Fachangestellter" womöglich über eine gewisse Expertise in seinem Fachbereich verfügen könnte und wenn man dies dann zu ließe und geschickt in den Betriebsablauf integrierte... dann hätte man, vielleicht, irgendwann einmal eine Firma, in der die Mehrheit der Angestellten tatsächlich gern arbeitet und das auch gern äußert. Wacht auf.
Arbeitsatmosphäre
Die Arbeitsatmosphäre leidet unter dem "Sichselbstüberlassensein" der Angestellten. Teambuilding und Entwicklung eines gemeinschaftlichen Profils finden nicht statt. So hat sich über Jahre ein Arbeitsumfeld entwickelt, in dem es vorrangig um Absicherung der eigenen Position (ganz besonders bei Führungskräften) geht denn um tatsächliches, aktives und engagiertes Arbeiten. Der Arbeitsalltag ist durchsetzt von Unehrlichkeit, Animositäten und Intrigen, so weit das Auge reicht.
Kommunikation
"Offizielle Kommunikation" funktioniert ganz hervorragend, hat nur ein entscheidendes Problem: die geäußerten Inhalte haben mit der Realität (außer, wenn es um Geschäftszahlen geht) wenig zu tun. Offenkundige Themen, sowohl positive als auch negative, werden im realitätsfernen Management-Talk zwar angesprochen, aber kaum jemals nachhaltig thematisiert. Die Führungsriege der Firma mag progressive Ideen haben, kommt aber über deren reine Verlautbarung kaum jemals hinaus. Zurück bleiben Irritation und Frust, vor allem in der "Workerbase".
Kollegenzusammenhalt
Dort, wo sich jeder selbst am Nächsten ist und zugleich auch noch eine ausgeprägte Angst vor der Obrigkeit vorherrscht, kann man wirklichen Zusammenhalt lange suchen. Die Bereitschaft, sich gegenseitig in die Pfanne zu hauen, ist leider mindestens so hoch ausgeprägt, wie das Wegschauen, wenn Präsenz im Sinne eines Teams oder einer konsolidierten Teamhaltung notwendig wäre.
Work-Life-Balance
Die Firma agiert überaus kulant, wenn es um Überstunden geht. Geringfügige Überstunden dürfen in der Folgewoche selbständig abgebaut werden, ab sechs Überstunden wird auf ein Zeitkonto gebucht, welches dann in Abstimmung mit dem Vorgesetzten für Zeitausgleich genutzt werden kann. Hier darf das Wort "vorbildlich" gern genutzt werden!
Vorgesetztenverhalten
Die Vorgesetzten sowie die Fügrungskräfte, mit denen ich zu tun hatte, leiden kollektiv unter dem, was die Firma über ihre 25 Jahre selbst geschaffen hat: man hat sich auf seinem Stühlchen eingeigelt, ist entscheidungsunfreudig und im Wesentlichen darauf bedacht, den eigenen "Scope" an Verantwortlichkeit a.) so gering wie möglich und b.) unbedingt abgesichert zu halten. Wirklich spürbare "Präsenz", Ideen, Visionen, "Mut zur Lücke", Engagement konnte ich kaum jemals beobachten. Mit nur einer einzigen Ausnahme (Vertriebsangestellter) scheint zu gelten, dass sich die Bedienung der "Fachkarriere" des Hauses vorrangig im reinen Selbstschutz erschöpft.
Was Begrifflichkeiten wie "Fürsorgepflicht", "Verantwortlichkeit", "Schutzbefohlene" und dergleichen anbelangt, wären zahlreiche Nachhilfestunden dringend zu empfehlen.
Dort, wo nach vielen, vielen Zeiteinheiten tatsächlich die Fassade bröckelt und echte, ehrliche, persönliche Haltung und Meinung sichtbar wird ("blöde" sind in der Tat die wenigsten Führungskräfte des Hauses) wird das allgemeine Desaster in der Firma nur noch offenkundiger.
Interessante Aufgaben
Aufgrund von Zielsetzung und Beschaffenheit meiner Aufgabenstellung kann ich mich auch in diesem Bereich nicht beschweren. Im flotten Mix zwischen konkreten Anfragen/Requests sowie selbst aufgezeigten/empfohlenen Projekten gab es viele hochinteressante und wertige Projekte bei substantiell großzügigen Freiheitsgraden.
Überschattet wird das Ganze allerdings dadurch, dass hier keineswegs bewusste Absicht im Vordergrund stand, sondern schlicht die Tatsache, dass die verantwortenden Führungskräfte des Hauses sich faktisch für nichts interessieren und alles, vor allem auch Beliebiges, so lange läuft, bis ein Grad an eigener Verantwortlichkeit erreicht ist, bei dem man wirklich arbeiten müsste. Dann wird es schwierig im Haus. Sehr, sehr schwierig.
Gleichberechtigung
Bei genua sind alle gleich und, so abgelutscht es auch klingen mag, einige gleicher. Im unpersönlichen, inhaltlich unkritischen Raum gibt man sich (das ist gewünscht!) als "Familie", sobald aber tatsächlich echte Arbeitsinhalte und -themen einsickern, ist es aus mit der Gleichheit. Führungskräfte vergessen dann ganz gern, dass sie (bestenfalls) nur lenken und entscheiden und tatsächliche Arbeit doch eher anderswo verrichtet wird. Gruppen und Abteilungen, die sich schon auf Festivitäten räumlich voneinander abgrenzen, bauen dann historisch gewachsene, aber umso härtere Grenzen und Hürden auf.
Bei genua sitzt man quasi nur zur Weihnachtsfeier im selben Boot. Und wer den Kapitänshut nun wirklich auf hat, ist auch nie so richtig erkenntlich...
Umgang mit älteren Kollegen
Wie bei leider so vielem in der Firma erliegt man auch hier eher einer Fata Morgana. Vordergründig und oberflächlich wird "seniorige Einbringung" sehr, außerordentlich, ganz doll, begrüßt - so lange es nicht um kritische oder nachhaltige Dinge geht. Die (seniorige) Meinung zu Kernarbeitsthemen wird zwar oft abgeholt, aber nie, niemals, entscheidend berücksichtigt. Entscheidungskompetenz wird im Haus extrem groß geschrieben. Aber nur bis zu einem gewissen Punkt - ab diesem ist man sie wieder los, die Kompetenz zur Entscheidung.
Arbeitsbedingungen
Gemischt. Es gibt eine gutbestellte Versorgung mit Getränken, Büroräume werden angemessen besetzt und bestückt. Ausstattung mit Arbeitsmaterial ist gut, wenn auch bisweilen nicht wirklich stets alles da ist, was man vielleicht gerade brauchen könnte. Im Sommer ist es grenzüberschreitend heiss, eine Klimaanlage gibt es nicht. Je nach Lage des Büros kann man dann gerade noch so eben oder, manchmal, streng genommen gar nicht mehr arbeiten. Zeitliche Abläufe und Organisatorisches sind nachvollziehbar und sinnhaft (wenn auch bisweilen ein wenig sperrige) beschrieben und gestaltet.
Alles in allem darf genua hier sicherlich als "mindestens durchschnittlich" bewertet werden.
Gehalt/Sozialleistungen
Bei genua wird man (soweit ich hier Aussagen treffen kann) eher unterdurchschnittlich bezahlt. Es gibt allerdings (Stand bis 2018) eine für alle gleiche, jährliche Gewinnbeteiligung (vorbildlich und auch großzügig). die jährlichen Gehaltsverhandlungen (gut!) wiederum hängen dagegen sehr stark vom individuellen Vorgesetzten ab (extrem schlecht): hier habe ich sowohl selbst Dinge erlebt als auch (durchaus glaubwürdig) von Dingen gehört, die ich lieber nicht anschneide. In dieser Firma ist es dringend angeraten, zu vitalen Zeitpunkten an der idyllischen Familienstimmung vorbei zu schauen und stets in der Lage zu sein, sich selbst sehr, sehr klar und nachweisbar zu bewerten. Sonst droht bittere Enttäuschung.
Karriere/Weiterbildung
Die Firma hat der "Fachkarriere" (Führungskräfte) ein Instrument zur Seite gestellt, in dem jeder Angestellte, "Experte" seines Arbeitsbereichs werden kann. Formal durchläuft das einen nachvollziehbaren Prozess und wirkt zunächst positiv. Bis man merkt, dass es sich um ein vollständig wirkungsfreies Instrument handelt, mit dem sich nichts, aber auch wirklich gar nichts verrichten lässt. Ein weiteres Instrument, ein sogenannter "kleiner" (und "großer") "Jobtausch)" scheint ebenfalls interessant. Hier lässt sich Einblick in andere Bereiche des Unternehmens finden und so die eigene Sichtweite erweitern. Im Rahmen einer etwaigen Umsetzung womöglich Gelerntens stößt man dann aber wieder auf die natürlichen Grenzen, mit denen sich die langjährig etablierten Vorgesetzten umgeben haben.
Verbesserungsvorschläge, Optimierungen, wegweisende Visionen etc. pp. ersticken letztlich im Keim.