Unternehmen mit ordentlichen Wachstumsschmerzen
Gut am Arbeitgeber finde ich
Es ist ein liebenswert schrulliges Unternehmen. Es ist ein gutes Gedankengut was die Firma verbreitet auch wenn sie selbst nicht mit den eigenen hohen Anforderungen mithalten kann.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Man muss diese Schrulligkeit auf Dauer aushalten. Den Geschäftsführern muss man eine Entscheidungsschwäche attestieren.
Verbesserungsvorschläge
Es gibt viele Dinge die man verbessern könnte, würde man nicht versuchen sie alle gleichzeitig zu verändern. Es fehlt an Zeit, Budget, Strukturen, Entscheidungen. Es fehlt nicht an Ideen. Es fehlt an Büroräumen. Es fehlt an Kultur Dinge ordentlich zu machen. Es fehlt an Kultur Dinge fertig zu machen.
Arbeitsatmosphäre
Es gibt die "alte" Garde an Leuten und die "junge" Garde an Leuten. Da vermischt sich nur schwer etwas. Die "Jungen" kommen mit tollkühnen und oft unstrukturierten Ideen. Die "Alten" finden das dann schwierig umzusetzen und blockieren es. Übrig bleibt ein halbfertiges Ding. Die "Jungen" verlassen das Unternehmen und/oder wenden sich neuen Dingen zu. Die Alten beschweren sich, dass das alles Mist ist.
Generell wächst das Unternehmen viel zu schnell. Es gibt aber nur wenige "vorgefertigte" Strukturen. Es werden aktuell viele neue Mitarbeiter eingestellt. Die versuchen dann ihren Platz im Unternehmen zu finden. Mangels Strukturen aber auch oft dem Unwillen sich an die wenigen Strukturen anzupassen sprießen neue Ideen die dann erst recht das Unternehmen lähmen.
Damit einher geht auch die Transparenz. Werden Entscheidungen getroffen, dann wirken sie autokratisch, der Entscheidungsprozess ist nicht klar, die Betroffenen werden nicht mit einbezogen.
Kommunikation
Die Kommunikation ist grundsätzlich offen. Sie endet aber (teils abrupt) bei den soziologischen Grenzen (Jung/Neu im Unternehmen, Alt/Lang im Unternehmen, Tochterfirma, Zentrale, Abteilungen,...)
Es gibt viele viele starke Persönlichkeiten und damit alte problematische Beziehungen unter diesen Mitarbeitern. Es wird immer von abteilungsübergreifendem Denken gesprochen aber kaum oder nur selten auch gemacht. Nicht selten hört man: Keine Ahnung wie ihr das macht, wir machen das so.
Kollegenzusammenhalt
Viele Leute sind extrem liebenswürdig und alte Kümmerer. Es gibt aber auch eine erklägliche Anzahl an Egoisten und Selbstdarsteller die als Hauptziel ihr eigenes Fortkommen gesetzt haben. Die liebenswürdigen Kümmerer werden dadurch gerne untergebuttert und extrem ausgenutzt. Der generellen Stimmung ist aber nicht zuträglich.
Work-Life-Balance
Wer im Unternehmen sich verausgeben will, kann das und wird auch nicht vor sich selbst beschützt. Immer wieder kommen Leute (von den netten Bildern und den hohen Meinungen ans Unternehmen) nach einem Burn-Out ins Unternehmen und haben die Hoffnung hier einen Wiedereinstieg ins Unternehmen zu schaffen und werden bitter enttäuscht. Wer diese Arbeit als seine Berufung sieht, wird bis zur kompletten Erschöpfung/Aufgabe hin eingesetzt. Wer diese Arbeit als nicht viel mehr als seinen Aufenthaltsort zw. 9 und 16 Uhr definiert wird aber auch in Ruhe gelassen. Generell kommt es im Unternehmen zu keinen Kündigungen. Im echten "Krisenfall" wird einvernehmlich das Unternehmen verlassen. Weil hier die Transparenz fehlt, sind plötzlich Mitarbeiter nicht mehr im Unternehmen. Es gibt aber auch so eine sehr hohe Personalfluktuation. Viele haben sich die Firma anders vorstellt, viele haben an ein lockeres Arbeiten gedacht, wieder andere können ihre Ideen nicht verwirklichen.
Vorgesetztenverhalten
Man kann im Unternehmen schon alles sagen und man kann auch Gehör finden. Die Organisation ist aber extrem mit sich selbst beschäftigt. Die Geschäftsführung hat große Probleme sich selbst zu verwalten. Somit sind Entscheidungen der Geschäftsführung ein absoluter Glücksgriff. Was aber nicht bedeutet, dass diese Entscheidung dann gilt und nicht wieder umgeworfen wird. Man kann sich auf relativ wenig verlassen.
Interessante Aufgaben
Es gibt keine wirklichen Denkverbote. Für den Mitarbeiter ist das grundsätzlich positiv. Für die Organisation ist es alles andere als positiv. Es wird dadurch an vielen verschiedenen Projekten Initiativen Strukturen neuen Programmen gleichzeitig gearbeitet ohne aber echt vorwärts zu kommen.
Gleichberechtigung
Grundsätzlich gibt es eine vollständige Gleichstellung. Die scheitert aber an den generellen Rollenbildern von Mann und Frau. Die Firma sitzt am Land und dort sehen Frauen Gleichberechtigung nicht so wie emanzipierte Frauen im urbanen Gebieten. Somit wird die Gleichstellung (von Frauen) verwässert. Darum gibt es auch in der Geschäftsführung bzw. bei den Abteilungsleitern ein dramatisches Unverhältnis. Generell werden Frauen und Ihre Meinungen gehört respektiert. Die Entscheidungen treffen dann aber Männer. Es gibt im Unternehmen keine Offenlegung der Gehälter. Somit kann auch über die Bezahlung bzw. Vergleiche keine Aussage getroffen werden.
Umgang mit älteren Kollegen
Grundsätzlich gibt es keine offensichtlichen Konflikte. Man kann mit jedem offen reden. Die Probleme liegen - wie ein Eisberg - unterhalb. Die Junge Garde fühlt sich von den Alten gebremst, die Alte Garde von den jungen nicht respektiert. Die Alten haben das Unternehmen aufgebaut und die Jungen vernichten gerade alles, was sie aufgebaut haben. Die Jungen haben nur Hirngespinste und wollen sich der "Komplexität" nicht
Arbeitsbedingungen
Eine der wesentlichen Wachstumsschmerzen: Die räumliche Struktur ist ein dramatisches Problem. Die Zentrale ist ein Komplex aus alten Jugendstil Häusern. Sehr charmant aber für ein derart schnell wachsendes Unternehmen eine Katastrophe. Die Räume sind extrem unflexibel. Es gibt viel zu kleine Büros, die Mitarbeiter sitzen extrem gedrängt. Andere Büros sind komplett verweist, weil die Mitarbeiter dort ständig in Besprechungen sind. Blickt man durch die Büros so sind Schreibtische vollgerammelt mit Akten Dokumenten Ordnern. Kaum werden Dinge elektronisch abgelegt. Es gibt wenige Arbeitsabläufe. Die Standardaussage vieler ist "Schick mir ein Mail"
Auch die Parkplatzsituation ist eine Katastrophe. Nicht nur, dass der Platz aus ideologischen Gründen nicht befestigt ist und somit man bei Schlechtwetter sofort komplett eingesaut ist, sind die Plätze sofort besetzt wenn man nicht um 8 in der Früh anfängt.
Es gibt Stockwerksküchen mit den üblichen Problemen. Man räumt dann stundenlang die Geschirrspülmaschine aus und dann wieder ein.
Auch recht nett sind die Unisex Toiletten. Es gibt zwar Versuche, Damentoiletten abzutrennen, in manchen Stockwerken gibt es überhaupt nur eine Toilette.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Das ist ein zweischneidiges Schwert. Die Firma als solches hat hier eine hohe Ethik. Die Mitarbeiterschar teilt sich in Ökofundamentalisten die kurz davor stehen einen Teebeutel in Altpapier, Bio und Restmüll zu trennen. Andere gehen hier wesentlich entspannter mit den Resourcen um. Da bleibt das Licht brennen obwohl keiner mehr da ist, in den Besprechungsräumen bleiben die Fenster offen obwohl die Heizkörper voll aufgedreht blieben. Bei den Druckern türmen sich nicht abgeholte Papierberge. Die einen fahren mit Zügen, die anderen fliegen durch die Welt als wäre alles egal, die einen schicken mit internen höchst unkomfortablen Transporten Dinge von A nach B, die die anderen machen für jeden Kleinscheiss ein extra UPS Paket.
Gehalt/Sozialleistungen
Generell ist es ein Unternehmen mit dem Kollektivvertrag für Handel. Die Firma schreibt sich selbst ein Mindestgehalt von 1750 Euro vor. Viele Arbeiter verdienen aber genau diesen Betrag. Generell legt das Unternehmen die Gehälter nicht offen und es wird um das eigene Gehalt im Unternehmen auch ein großes Geheimnis gemacht. Die Firma könnte hier einen wesentlich höheren Selbstanspruch haben.
Bei den Sozialleistungen gibt es die Üblichen (Kaffee Obst). Es gibt allerdings keine Gesundheitsförderung, Fortbildung oder Weiterbildungsmaßnahmen. Einzig der Yogakurs ist hier eine nennenswerte Ausnahme
Image
Das Image des Unternehmens ist ein sehr Gutes. Es gibt viele Darlehensgeber die Ihr erspartes Geld in dieses Unternehmen investieren und das mit Überzeugung tun. Die Firma wächst allerdings viel zu stark und vor allem viel zu schnell. Daher kann nicht überall der selbst auferlegte hohe Standard eingehalten werden. Somit verkommt die Firma dann in vielen Bereichen zu einer ganz normalen Firma die halt auch ökologische Produkte herstellt. Beim genauen Hinsehen kann man viele Dinge ausmachen und verbessern. Leider bleibt hier einfach keine Zeit mehr übrig und somit treten sich viele viele Unschönheiten fest.
Karriere/Weiterbildung
Das Unternehmen als solches hat eine sehr ausgefinkelte Hierarchie. Es wurde auch eine weitere Führungsebene eingezogen. Diese wurde aber nicht intern sondern mit neun "unverbrauchten" Kräften nachbesetzt. Generell gibt es im Unternehmen kaum Karrierechancen OBWOHL das Unternehmen wächst. Die Weiterbildung kommt auch kaum zum Tragen da das Unternehmen einfach zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Es wird oft davon gesprochen, dass das persönliche Fortkommen im Unternehmen wichtig ist aber echt was dafür wird gar nicht unternommen. Fortbildungen betreffen nur und ausschließlich Dinge, die für die aktuelle und persönliche Arbeit notwendig sind. Eine Weiterbildung um neue Felder zu erschließen gibt es nicht.