Drehmoment im Stillstand: Durch fehlende Führungskompetenzen wird Planlosigkeit zum Prinzip.
Gut am Arbeitgeber finde ich
Es gibt hier echt tolle Kollegen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Siehe oben.
Verbesserungsvorschläge
Die Agentur sollte klare Ziele definieren und eine wertschätzende Feedback-Kultur etablieren. Die Kommunikation muss strukturierter gestaltet werden und die Führungsebene sollte ihre Kompetenzen stark verbessern. Eine aktive Förderung von Diversität und Inklusion ist unerlässlich. Diese Maßnahmen sind entscheidend für ein positives Arbeitsklima, den Erfolg der Agentur und die Zufriedenheit der Mitarbeiter.
Arbeitsatmosphäre
Bei Drehmoment angestellt zu sein bedeutet, ein austauschbares Rad im großen Gedankengetriebe des Gründers zu sein – der Vision, ein Luftschloss, für dessen Realisierung die Angestellten arbeiten.
Drehmoment enttäuscht mit wirren Prozessen und heilloser Unorganisiertheit. Es mangelt an Strukturen und Verantwortlichkeiten. Die Führung scheint weder gewillt noch fachlich in der Lage die Situation zu verbessern. Gefördert wird ein Klima, in dem „hands on“ als bedingungsloses Folgen ohne Nachfragen definiert wird. Wer kritisch hinterfragt wird als unbequem und nicht ausreichend tatkräftig abgestempelt – Aussagen wie „Man kann auch einfach mal seinen Job machen“ sind dann nicht selten.
Die fehlenden Kompetenzen der Führung führen zu einer ineffizienten Arbeitsweise und schaden der Gesamtleistung des Teams. Es besteht ein dringender Bedarf für eine grundlegende Neuausrichtung und professionelle Führung.
Genauso wackelig wie dieses Luftschloss ist am Ende auch die Stelle eines jeden Mitarbeiters: Bei der kleinsten Erschütterung wird nicht vor der überstürzten Entscheidung zurückgeschreckt, 20 % der Belegschaft zu entlassen.
Kommunikation
Kommuniziert wird über diverse Kanäle: Email, Slack, Google Meets, WhatsApp und manchmal auch SMS – auch im Urlaub. Ein winziger Querschnitt, der zum Gesamtbild der fehlenden prozessualen Geradlinigkeit der Agentur beiträgt.
In Bezug auf die Feedback-Kultur herrscht eine Atmosphäre der Zurückhaltung. Mitarbeiter trauen sich nicht mehr, ihre Meinungen einzubringen. Obwohl der Gründer Feedback aktiv einfordert, wurden vergangene Reaktionen auf tatsächliches Feedback negativ wahrgenommen. Missachtendes Abtun, Ausreden, Ignorieren und das Unterlassen jeglicher Handlungen haben dazu geführt, dass ein Klima entstanden ist, in dem Feedback lieber zurückgehalten wird und man Probleme "aushält". Verbesserungspotenziale werden unterdrückt und die Weiterentwicklung von Mitarbeitern und Agentur behindert.
Kollegenzusammenhalt
Die Kollegen sind menschlich gesehen wirklich erstklassig, abgesehen von ein paar Ausnahmen, mit denen der Weg manchmal steinig war. Die Mehrheit ist mir persönlich aber unglaublich ans Herz gewachsen!
Es arbeiten wirklich wache und kluge Köpfe bei Drehmoment. Schade, dass ihre Potenziale nicht voll ausgeschöpft werden.
Bedenklich ist allerdings, dass bei wichtigen Pitches oder Präsentationen nicht selten noch am Vorabend bis spät in die Nacht getrunken wird – in real time dokumentiert durch den Drehmoment WhatsApp Chat. Peinlich und unprofessionell in meinen Augen, aber die Führungsebene heizt dieses Verhalten sogar noch an, ja ist sogar aktiv beteiligt.
Work-Life-Balance
Die Agentur hat ein hybrides Remote-Arbeitsmodell mit 4 verpflichtenden Arbeitstagen vor Ort pro Monat. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, für ein paar Wochen pro Jahr aus dem Ausland zu arbeiten.
Ist die Arbeitsbelastung in der Agentur hoch, sind Überstunden nicht selten. Überstunden werden ausgeglichen, wenn sie 10 % der Vertragsstunden überschreiten (bei 40 Stunden pro Woche kann man also ab der 5. Überstunde die Zeit abbummeln… also ab 12 Überstunden im Monat… #worklifebalance).
Stress entsteht aber weniger aufgrund der Menge oder des Schwierigkeitsgrades der Aufgaben, sondern vielmehr durch das vorherrschende Klima, wie oben bereits angedeutet. Emotionaler Druck ist leider an der Tagesordnung, auch wenn dieser durch die Blume oder zwischen den Zeilen kommuniziert wird. Mit seinen Problemen ist man genauso allein gelassen wie mit seinen Ideen – die Führung gibt sich vordergründig offen für Gespräche, ignoriert Probleme dann aber einfach weg, bis sie sich (vielleicht) von selbst erledigen.
Vorgesetztenverhalten
Die Führung der Agentur besteht aus vier männlichen Köpfen. In der Beratung fehlt eine 2. Führungsebene. Die Aufgaben des Acc Directors soll der Beratungs-GF on top auf seine internen Verpflichtungen übernehmen. Da ist es kein Wunder, dass Belange der MA auf der Strecke bleiben – sowohl im operativ als auch hinsichtlich persönlicher Weiterentwicklung.
Die Führung weist aus meiner Sicht deutliche Mängel in wichtigen Führungsqualitäten auf. Entscheidungen werden häufig zu spät getroffen – im schlimmsten Fall werden sie unmittelbar auf einzelne MA abgewälzt, die ggf die Tragweite ihrer Entscheidung nicht erfassen können. Dies führt zu einem enormen Stress-Level und setzt das Vertrauen der MA in die Führung praktisch auf null. Das Fehlen klarer Weisungen setzt das Team auf unsicheren Boden. Dass wichtige Informationen unkommuniziert bleiben führt zu ineffizienten Arbeitsabläufen und unterstützt das allgemeine Chaosgefühl, das die Agentur intern vermittelt. Darüber hinaus deutet das vorherrschende Arbeitsklima auf mangelnde Empathie hin – die MAs fühlen sich nicht ausreichend wertgeschätzt und ihre Motivation nimmt ab.
Interessante Aufgaben
Der Creative Director von Drehmoment ist in den meisten Fällen bottleneck für den kreativen Output der Agentur – und das soll er laut Teamchart auch sein. Dadurch und vielleicht auch, weil ihm kein Text-CD für einen Austausch zur Seite gestellt ist, sind die Meinungsdiversität und der Ideenhorizont in der Kreation beschränkt. Konzepte und Layouts unterschiedlicher Kampagnen UND Kunden ähneln sich stark. Teilweise werden sogar die visuellen Konzepte früherer Projekte 1:1 auf neue Kunden übertragen. Das Problem sei auf Nachfrage bereits bekannt, einen Aktionsplan gäbe es aber nicht.
Im Allgemeinen reicht die Palette von kleinen Kampagnen bis hin zu unaufgeregten Werbemitteln wie Gummibärchentüten. Markenkonzeptionell und -strategisch kann man bei Drehmoment durchaus was lernen.
Große Produktionen gibt es hier nicht. Video- und Fotoproduktionen werden mit den (durchaus fähigen) Kumpels des CDs „quick and dirty“ aufgesetzt und führen am Ende zu einem guten Ergebnis, das für Online und Social Media komplett ausreicht. Mit den branchenüblichen hochwertigen Produktionen von Werbespots hat das aber wenig zu tun – das findet ihr hier also eher nicht, wenn das für euch spannend ist.
Gleichberechtigung
Die 4 Führungspositionen sind besetzt von KollegEN, die jenseits der 40 sind. Eine Frau in der Führung „müsse sich ergeben“. Es wird erkannt, dass 4 Dudes an der Spitze nicht so gut ankommen. Deshalb wird die HR-Dame als Alibi-Repräsentantin dazu geholt. Meiner Erfahrung nach wird Input von KollegINNEN wenig ernst genommen. Die Männer holen sich bei sich gegenseitig Rat und Lob.
PoC sucht man bei Drehmoment vergeblich.
Ich bin Schwerbehindert und gehe damit offen um. Bei Drehmoment wurde sich damit aber nicht befasst. Es fehlt der nötige Perspektivwechsel bei Gleichstellungsforderungen versus der „Fairness“ gegenüber der anderen Mitarbeiter. Aber das ist nicht alles. Sich von Vorgesetzten anhören zu müssen, dass die Diagnose unberechtigt sei (weil: „mAn mERkT DaS jA gAr niChT“ – wessen Verdienst ist das wohl?) oder kommunizierte Probleme als „absolut zumutbar“ zu bezeichnen zeugt schlichtweg von fehlender Akzeptanz und von der oben bereits genannten Empathielosigkeit. Das geht einfach gar nicht.
Ich empfehle Drehmoment dringend, alle existierenden Fortbildungen zum Thema Behinderung, Unconcscious Bias und Frauen in Führungspositionen wahrzunehmen. Glatte 6, echt.
Arbeitsbedingungen
Man erhält einen Laptop und bei Bedarf zusätzliche Ausstattung für das Home Office. Ein Geschäfts-Handy wird nicht bereitgestellt – es wird erwartet, dass man sein Telefon bei Remote-Arbeit auf das private Handy umleitet.
Der Standort ist nicht barrierefrei.
Im Sommer heizen sich die Agenturräume unerträglich auf, besonders wenn längere Agenturlunches im Konferenzraum stattfinden. Drehmoment wird bald in die Speicherstadt umziehen, auf Nachfrage wird hier keine Klimaanlage installiert sein. In der Agentur dominieren Möbel von IKEA, wobei der Schwerpunkt auf Praktikabilität liegt, nicht auf Ästhetik oder Ergonomie. Höhenverstellbare Tische sind nicht vorhanden, könnten aber im neuen Standort ein Thema werden, laut Gründer.
Täglich um 9 Uhr findet das "Daily" statt, bei dem sich die Agentur (online) trifft. Einmal im Monat ist ein Agentur-Lunch mit Anwesenheitspflicht angesetzt. Es gibt Mittagessen und Getränke auf Drehmoment-Nacken und es werden 2-3 Stunden lang die neuesten Entwicklungen vorgestellt. Es gibt auch ein Sommerfest und eine Weihnachtsfeier.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Bei Drehmoment erkenne ich keine besonderen Bemühungen, sich für Umweltthemen und/oder soziale Angelegenheiten stark zu machen.
Arbeitsverträge, Unterlagen und das „Drehmomentmal“ – das Buch der Werte und Normen – werden ausgedruckt. Vollständige digitale Ausführungen gibt es selbst auf Nachfrage nicht. Das geht besser.
Gehalt/Sozialleistungen
Das Gehalt kommt pünktlich. Das Controlling ist hier sehr gewissenhaft. Über die Höhe kann ich mich nicht beschweren, langjährige MAs haben es da wohl schwerer als ich. In der gleichen Position verdiene ich jetzt aber deutlich mehr.
Es gibt eine freiwillige Gewinnbeteiligung, die anteilig der Zugehörigkeit (nach der Probezeit) zur Agentur pro Jahr ausgezahlt wird. Die Betriebsrente wird aktiv kommuniziert und gefördert. Es gibt eine betriebliche Krankenkasse mit einem Kontingent pro MA von 300€/Jahr. Grundsätzlich scheint der Gründer stets bemüht, den MAs sinnvolle Benefits und Angebote zu unterbreiten, solange die Geschäfte gut laufen.
Image
Bei Drehmoment spielt die Teilnahme an Awards keine Rolle. Meiner Erfahrung nach, wäre es aber auch schwer, nennenswerte Erfolge zu erzielen.
Die Agentur ist in der Branche recht unbekannt.
Trotz diverser Red Flags, die bereits im Vorfeld passiert waren, habe ich mich entschieden, mir selbst ein Bild zu machen und meine eigenen Erfahrungen zu sammeln. Here I am, an dieser Stelle keine Empfehlung.
Karriere/Weiterbildung
Es findet einmal jährlich ein Zielvereinbarungsgespräch statt, bei dem Mitarbeiter die Möglichkeit haben, ihre Interessen bezüglich Weiterbildungen zu äußern. Allerdings liegt es wie in vielen anderen Unternehmen auch hier in der Verantwortung der Mitarbeiter, selbst aktiv hinter den versprochenen Weiterbildungsmöglichkeiten her zu sein.
Es gibt keine mir bekannten, allgemeingültigen Zugänge zu Award-Archiven, Branchenzeitschriften oder sonstigen Kursangeboten.
Arbeitgeber-Kommentar
Hey!
Zu Deinem Feedback möchte ich kurz Stellung beziehen.
Was ich gut finde: dass Du bereits im Vorfeld mit mir das Gespräch gesucht hast, weswegen mich Deine Zeilen nicht unerwartet und anonym treffen, sondern ich diese entsprechend einordnen kann.
Was ich schade finde: dass Deine Sichtweise trotz unserer sehr vertrauensvollen Gespräche unverändert geblieben ist.
Aber jeder Mensch hat seine Meinung und diese dürfen natürlich auch auseinander gehen, weswegen ich Dein Feedback wertschätze und ernst nehme.
Einige Hinweise nehme ich gern an, denn ganz sicher gibt es bei uns und bei mir noch Entwicklungspotenziale. Andere Punkte finde ich eine zumindest „interessante“ Interpretation der Situation, auch wenn ich diese völlig anders beurteile. Einige Äußerungen sind aus meiner Sicht aber einfach falsch und ich möchte hier nur auf eine explizit eingehen, weil mir diese besonders wichtig sind:
Deine Aussage unsere „HR-Dame als Alibi-Repräsentantin“ zu bezeichnen, ist eine Herabwürdigung meiner langjährigsten und engsten Kollegin, die ich so nicht stehenlassen kann.
Es tut mir leid, dass sich unsere Wege früher als geplant trennen mussten. Aber ich wünsche Dir bei Deinen nächsten beruflichen Stationen ganz viel Erfolg und Wertschätzung sowie privat nur das Beste.
LG,
Christoph