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Bewertung

American Way of Work

2,5
Nicht empfohlen
Ex-Angestellte/r oder Arbeiter/inHat bis 2015 im Bereich Marketing / Produktmanagement bei amazon.de in München gearbeitet.

Gut am Arbeitgeber finde ich

Es ist ein großes, bekanntes Unternehmen, das einem die Sicherheit bietet, nicht von heute auf morgen zu verschwinden wie viele kleinere Unternehmen im Bereich eCommerce. Es gibt genug verantwortungsvolle Aufgaben, mit denen man sich nach Herzenslust austoben kann. Man lernt aufgrund des Workloads wirklich, effizient zu arbeiten und das ist eine wertvolle Fähigkeit bei allen weiteren Jobs.

Schlecht am Arbeitgeber finde ich

Unnachhaltige Personalentwicklung (lieber ständig neues frisches Blut einarbeiten als bei den nach ein paar Jahren steigenden Anforderungen der bestehenden Mitarbeiter mitzugehen). Unnachhaltige Problemlösung (Bias for Action aus den 10 Leadership Principles sieht in der Praxis so aus, das Probleme mit zusammengeflickten Lösungen schnell behoben werden und dann passiert nichts mehr, denn solange es nur Mehrarbeit manueller Natur für den betreffenden Mitarbeiter bedeutet, gibt es keinen Grund, in eine Nachhaltige Lösung zu investieren. Das Resultat sind hunderte Tools und Funtkionen, die alle nur halb zuverlässig funktionieren, zu den gleichen Dingen beispielsweise unterschiedliche Zahlen ausgeben usw.)

Verbesserungsvorschläge

Nichts, denn das Unternehmen ist deswegen so erfolgreich wie es ist, weil es so (anders) ist wie es eben ist. Man muss nur selbst für sich herausfinden, ob man dazu passt.

Arbeitsatmosphäre

Für das Arbeitsklima müssen die Mitarbeiter sich selbst engagieren. Einer der 10 Gebote bei Amazon ist frugality, also Sparsamkeit. Und das merkt man unter anderem daran, dass in Teambuilding etc. verschwindend wenig investiert wird. 1-2x im Jahr gibt es eine sparsame Feier und wenn man ansonsten mit dem Team sich näher kennenlernen will dann muss man beim Energydrink-bis-10-Arbeiten-und-dann-wild-feiern-gehen-Lifestyle mitmachen. Klingt übertrieben, war aber so.

Kommunikation

Es gibt regelmäßige Meetings und alles was für Produktivität nötig ist wird auch rechtzeitig kommuniziert. Was andere Änderungen angeht wird man aber zum spätmöglichsten Zeitpunkt vor vollendete Tatsachen gestellt und erfährt meist mehr in der fleißig brodelnden Gerüchteküche.

Kollegenzusammenhalt

Die Hilfsbereitschaft unter den Kollegen ist eine der tollsten Aspekte wenn man bei Amazon arbeitet. Es ist eine der wichtigsten Überlebenstechniken, zu wissen, wann man welchen Amazon Mitarbeiter weltweit wozu befragen kann. Man hilft sich gerne, denn irgendwann kommt die Situation, in der man mal wieder Land unter hat und auch auf Hilfe und Entlastung vom Team angewiesen ist. Ehrlichkeit herrscht allerdings nur partiell vor. Es wird schon sehr deutlich, dass am Ende des Tages jeder nur "die eigenen Schäfchen ins Trockene bringen" will. Das böse Erwachen kommt dann in den Alljährlichen Reviews, in denen dann all die Kritikpunkte direkt anonym an den Vorgesetzen gehen, die meiner Meinung nach viel sinnvoller auch einmal während des Jahres ehrlich und direkt hätten angesprochen werden können. Das finde ich zum einen hinderlich während des Jahres... und auch etwas hinterhältig.

Work-Life-Balance

Also in der Theorie zwingt einen niemand zur Mehrarbeit, das ist die eigene Entscheidung. Man muss eben nur die Arbeit schaffen und um den Vertrag verlängert zu bekommen muss man die "Erwartungen übertreffen". Urlaubssperre ist natürlich das gesamte vierte Quartal, aber in Sachen Urlaub und Life allgemein sieht es bereits vier Monate vor Jahresende eher schwarz aus. Ich habe selbst keine Familie, aber beobachtet, dass Mitarbeitern, deren Familien oft 2h entfernt wohnen und die sich für unter der Woche dafür eine Wohnung neben der Arbeit genommen haben, Anerkennung für ihr Commitment gezollt wird. Mitarbeitern, die stattdessen punkt halb sieben schon gehen, damit sie ihren Zug erwischen um den Kindern noch einen Gutenachtkuss zu geben, wird gesagt dass das "voll ok" sei, aber abgesehen davon bekommen sie zu spüren dass es nicht gerne gesehen wird. Allgemein das "pünktlich" gehen wird als fehlendes Commitment verbucht. Sicherlich nicht für 100% aller Teams und Vorgesetzten der Fall aber für alle, die ich selbst kenne und von denen mir vertraute Kollegen berichten. Längeren Urlaub am Stück (mehr als 2 Wochen) ist schwieirig zu bekommen, da man den eigenen Arbeitsausfall in der Praxis selbst covern muss (vorarbeiten und nacharbeiten, die eigeteilte Urlaubsvertretung ist mit den eigenen Dingen so überlastet, dass sie nur im Notfall einspringen kann). Ein normaler Tag dauerte bei mir von acht bis sieben, in stessigen Zeiten saß ich bis zu 16 Stunden ohne Pause in der Arbeit. Natürlich ohne einen Ausgleich an anderer Stelle. Wenn man beispielsweise ein paar Thermine beim Physiotherapeuten hat und deswegen schon um fünf gehen muss, dann wird einem beim dritten Mal plötzlich nicht mehr Tschüss zurück gesagt und eim fünften Mal kommen die Kollegen auf einen zu mit "du hör mal, du scheinst ja gerade etwas mehr Luft zu haben, könntest du mir bitte XY abnehmen?" und das macht man dann, denn irgendwann braucht man andersrum auch Hilfe.

Vorgesetztenverhalten

In meinem Fall war mein Ansprechpartner erst seit ein paar Monaten eine Führungskraft, vielleicht lag es daran, dass ein paar Dinge nicht rund liefen. Etwas das sehr störend war, dass wir uns im Team sehr überwacht fühlen mussten. Wenn man im Meeting einen Beitrag leistete, wurde direkt mitgetippt und protokolliert wie sinnvoll dieser war. Das macht natürlich Sinn um konkretes Feedback geben zu können, aber zusammen mit ständigen Verbesserungsemails selbst zu den kleinstmöglichen Fehlern, einer Überwachungskamera im Büro, Kommentaren des Vorgesetzten beispielsweise darüber, dass eine Kollegin in ihrer Mittagspause am Platz im Internet nach Wohnungen suchte, geben einem einfach ein Gefühl der ständigen Überwachung und Bewertung im Hintergrund. Die Ziele für jeden Mitarbeiter sind für jedes Jahr ambitioniert und unterschiedlich, ob machbar oder nicht. Am schwierigsten hierbei fand ich die persönlichen Ziele wie "gut Priorisieren", "Überprüfungsmechanismen über die eigene Arbeit etablieren", denn zum einen wissen die Vorgesetzten nicht, was alles genau an Aufgaben anlag und das sind einfach stets zu viele, selbst mit perfekter Optimierung alles Arbeitsabläufe, Delegation nach Indien usw. und sofort Ähnlich wie bei einer Straße, die ein hohes Verkehrsaufkommen regeln muss. Die perfekte Ampelschaltung hilft sicher, aber auch die hat Grenzen und zu viel ist einfach zu viel. Das an den Vorgesetzten heranzutragen, um mit allem rechtzeitig fertig werden zu können stellte sich für jeden der es versucht hat, als keine besonders gute Idee heraus. Monatelange Unterbesetzung im Team muss natürlich aufgefangen werden von selbigem und da kommen eher Durchhalteparolen und das Versprechen, dass man bald wieder vollzählig sein würde. Aber das passiert nie, denn es wäre unlogisch, einen mehr einzustellen, wenn es mit den vorhandenen Mitarbeitern ja auch irgendwie klappt. Was die Entscheidungen der Vorgesetzten angeht, dann werden diese entsprechend der Firmenkultur anhand der 10 Leadership Principles oder Unternehmensziele meistens nachvollziehbar begründet.

Interessante Aufgaben

Die Aufgaben können je nach Abteilung sehr unterschiedlich sein und aufgrund der Unternehmensgröße kann man auch verhältnismäßig viel Verantwortung übernehmen, da einfach viel größere Umsatzzahlen und die Beeinflussung ganzer Märkte durch den teilweise hohen Marktanteil gegeben sind. Dass die eigene Arbeit große Wellen schlägt und somit von Bedeutung ist, ist toll. Die Belastung ist oft unter den Teammitgliedern nicht wirklich fair aufgeteilt, auch wenn sich darum bemüht wird. Anfangs bekommt man mehr Nobrainer-Aufgaben, die einen nur in Sachen Quantität fordern. Die richtig interessanten Aufgaben (etwas entwickeln, strategisch optimieren, eine neue Idee haben usw.) sind in Deutschland selbst nicht wirklich viel möglich durch die Steuerung durch die USA. Aber natürlich kann man Präferenzen äußern. Es wird natürlich auch erwartet, dass man sich proaktiv Aufgaben nimmt. Einteilen kann man sich die Arbeit nur insofern als dass man entscheiden muss wieviele Überstunden man selbst macht und wann (Abends, am Wochenende...?).

Gleichberechtigung

Hier konnte ich nichts beobachten.

Umgang mit älteren Kollegen

Es gibt sehr wenige Kollegen über 45.

Arbeitsbedingungen

Es geht oft zu wie in einem Taubenschlag und wird oft sehr laut, da alle mit den Vendoren telefonieren, Meetings zwischen Tür und Angel abhalten, wild in die Tasten hauen, von A nach B auf und ab laufen und hinzu kommt seit über einem Jahr auch Baulärm weil die Büros entkernt und neu gestaltet werden. Die fertigen Büros sind ganz hübsch aber leider etwas unpraktisch (verglaste Einzelbüros hellhörig, zu wenig Meetingräume, zu wenige funktionierende Toiletten).

Umwelt-/Sozialbewusstsein

Wenn Rechnungen nicht mehr im Paket mitgeschickt werden, wird das als die neue Möglichkeit, die Umwelt zu schonen verkauft. Dass dafür jede Menge Werbeflyer trotzdem zum Wegwerfen im Paket sind zeigt, dass das ein gutes Beispiel dafür ist, dass viele Maßnahmen nur die eigenen Einsparpotentiale als Ausgangsgedanken haben und dass alles was gut klingen kann auch als solches verkauft wird. Amazon möchte das kundenfreundlichste Unternehmen der Welt sein und das ist Ziel genug, für Umwelt und Soziales ist das denke ich nicht mehr genug Kapazität.

Gehalt/Sozialleistungen

Das Gehalt ist vor allem für Berufseinsteiger sehr gut. Allerdings muss man im Hinterkopf behalten, dass es das nur auf den ersten Blick ist, da Überstunden nicht abgerechnet werden können. Sozialleistungen gibt es für ein solch großes Unternehmen sehr wenige. Man kann eine betriebliche Altersvorsorge abschließen, auf die man einen Prozentsatz seines Gehaltes verwendet und Amazon zahlt nocheinmal soviel dazu. Große Gutscheine für den eigenen Einkauf bei Amazon gibt es nicht. Man hat pro Jahr auf max. 1000 Euro einen Mitarbeiterrabatt von 10%, also in Summe 100 Euro.

Image

Das Image ist sehr unterschiedlich. Viele halten Amazon für einen innovativen und spannenden Arbeitgeber, andere wiederum kennen die negativen Berichte über Arbeitsbedingungen und Co. Ich war immer stolz auf meine Arbeit dort, würde es aber nicht empfehlen, dort zu arbeiten, da die Work-Life-Balance nicht gut ist und die Personalstrategie in der Praxis nicht nachhaltig ist. Es gibt genug Gründe, warum Amazon nicht wie andere so große Unternehmer Auszeichnungen als bester Arbeiter bekommt und es gibt auch genug Gründe für die hohe Fluktuationsrate (vergleichsweise wenige sind 3-4 Jahre im Unternehmen). Man bekommt auch sehr deutlich gezeigt wie austauschbar man ist und das Raster, durch das man nicht fallen darf wird einem absolut vorgegeben. Als Kunde liebe ich Amazon, aber irgendwoher muss die dahinterstehende Leistung eben kommen und das würde ich unterm Strich nicht als empfehlenswert bewerten, Teil dieser Leistung zu sein.

Karriere/Weiterbildung

Interne Weiterbildungen, die aber extern keine Bedeutung haben, da es keine anerkannten Zertifikate o.ä. gibt. Man bekommt anfangs einen sehr ausgearbeiteten Launch Plan, der einem unter anderem durch diese internen Schulungen helfen soll "to hit the ground running", also möglichst schnell produktiv werden zu können. Nach der Einarbeitungsphase hat man für gewöhnlich kaum mehr Zeit für Fortbildung, außerdem heißt es "Learning by doing" und es steht ja theoretisch sowieso alles im internen Wiki. Klingt erstmal ja nicht falsch, aber praktisch erleichtert es einem die Dinge nicht unbedingt und wenn man sich woanders bewirbt, hat man nichts vorzuweisen, das an Fortbildung von Bedeutung wäre. Was die Karrieremöglichkeiten angeht gibt es definierte Wege, die keine wirklich individuellen Entfaltungsmöglichkeiten bieten. Durch die stark vorgegebene Steuerung durch die USA ist es in Deutschland nicht ganz so einfach an den tollen, neuen Projekten mitzuwirken, wenn man nicht auf den ganz oberen Rängen beschäftigt ist. Die Aufgabenausrichtung ist daher durchweg zu einem überraschend großen Teil operativ / die US-Änderungen ausführend als strategisch-konzeptionell. Viel wird über Manpower abgewickelt, was wenn man dafür investieren würde, auch eine Maschine, ein Algorithmus etc. könnte. Daher halte ich persönlich eine Karriere bei Amazon nicht für sehr attraktiv.

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