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Amazon
Bewertung

Ein kundenzentriertes, aber mitarbeiterfernes Unternehmen

2,3
Nicht empfohlen
Ex-Angestellte/r oder Arbeiter/inHat zum Zeitpunkt der Bewertung nicht mehr im Bereich IT bei Amazon, Berlin in Berlin gearbeitet.

Gut am Arbeitgeber finde ich

Amazon behandelt seine Mitarbeiter*innen im Großen und Ganzen gleich. In unserer Abteilung fiel die flexible Arbeitszeitgestaltung positiv auf.

Schlecht am Arbeitgeber finde ich

Arbeitsbedingungen; Kommunikationskultur; Hypokrisie; Desinteresse an den Mitarbeitern als langfristigen Partern, stattdessen Vorzug kurzfristiger Bindungen durch befristete Verträge und Zeit-/Leiharbeiter*innen; Durchsetzung von Unternehmensinteressen über die Köpfe der eigentlichen Leistungsträger (=Arbeitnehmer) hinweg

Verbesserungsvorschläge

Mehr Respekt gegenüber und Vertrauen in die eigenen Angestellten stünde dem Unternehmen gut zu Gesicht. Vorschläge der Mitarbeiter sollten Ernst genommen werden, da sie nicht aus einer Laune heraus entstehen, sondern aus dem ehrlichen Interesse, den Kunden das Leben zu erleichtern sowie das Unternehmen im Sinne der Leadership Principles mitzugestalten. Der Leistungskatalog, den das Unternehmen als Benefits anbietet, ist in Anbetracht seines Wachstums und der erzielten Umsätze und Gewinne äußerst gering und bedarf einer Aufwertung, um sich am Arbeitsmarkt ernsthaft als konkurrenzfähig betrachten zu können.

Arbeitsatmosphäre

Es ist kein Geheimnis, dass die Arbeitsatmosphäre bei Amazon zu wünschen übrig lässt. Als ich anfing, war ich von den Freiheiten, die uns gewährt wurden, positiv überrascht. So lange das Leistungssoll erfüllt wurde, hatte man seine Ruhe. Dies änderte sich nach einiger Zeit, als der Leistungsdruck infolge einer globalen Standardisierunginitiative stieg und die Überwachungsmaßnahmen mit im Hintergrund laufenden Trackingtools zunahmen. Die Vereinbarkeit des Letzteren mit dem Leadership Principle "Earn Trust" kam mir immer zweifelhaft vor. Obwohl wir als Team immer gute bis sehr gute Statistiken hatten, wurde bei kritischen Nachfragen oder dem artikulierten Wunsch, etwas zu ändern, häufiger das Thema "Standortschließung" subtil in die Diskussion eingebracht. Es überrascht wenig, dass das den Druck auf den einzelnen Mitarbeiter erhöht und zu Verstimmung führt. Ob sich dahinter ein bewusster Schachzug des höheren Managements oder eine berechtigte Sorge verbarg, konnte ich von meinem agnostischen Standpunkt aus nicht einschätzen. Lob und Anerkennung für erbrachte Leistunge war grundsätzlich vorhanden, wurde jedoch mäßig kommuniziert.

Kommunikation

Ich emfpand den Informationsgewinn in den regelmäßig stattfindenden kleineren und größeren Meetings als gering. Inbesondere bei Treffen mit dem höheren Management sah ich mich häufiger mit einem Business Speak konfrontiert, der überproportional viel Sprechzeit in die Vermittlung von Banalitäten investierte. Auch darüber hinaus war die Kommunikationskultur des Unternehmens im unterdurchschnittlichen Bereich. Problemen und Fehlerquellen, die wir angesprochen haben und deren Beseitigung die Arbeitsprozesse verbessert hätte, wurde keine Beachtung geschenkt. Fragen, die sich bei der Übernahme neuer Prozesse ergaben und deren Klärung für die ordentliche Ausführung wichtig waren, blieben über Wochen unbeantwortet. Wenn wir endlich einmal Antworten erhielten, dann waren sie allzu häufig unvollständig. Es erschien mir zudem immer schleierhaft, warum wir im vermeintlich am meisten kundenorientierten Unternehmen der Welt, niemals in direkten Kontakt mit unseren Kunden treten konnten oder durften, um ihre Bedrüfnisse und Wünsche direkt in unsere Arbeit zu implementieren.

Kollegenzusammenhalt

Ich hatte das Glück, ein wundervolles Team zu haben. Ich bin mit allen Arbeitskolleg*innen gut zurecht gekommen. Alle waren immer sehr nett und hilfsbereit, auch wenn die zunehmend negative Entwicklung des Unternehmen sich auf die Atmosphäre im Team ausgewirkt hat.

Work-Life-Balance

Ich habe erlebt, dass die Arbeitzeiten relativ flexibel waren. Die Rahmenbedingungen waren, dass man zu den wenigen Meetings und Trainings, die man im Terminkalender hatte, anwesend war und seine Arbeit zwischen 6:00 und 22:00 Uhr verrichtete. Ansonsten ließen sich die Arbeitstage individuell nach den eigenen Bedrüfnissen herrichten. Es war möglich, mal früher, mal später anzufangen oder bei Bedarf auch mal vorzuarbeiten, um an einem anderen Tag früher in den Feierabend zu gehen. Ebenso bestand die Möglichkeit, angefangene Arbeit nach einer längeren Unterbrechung am selben Tag fortzuführen. Offiziell wurden uns ohne besondere Formalia 2 volle Tage im Home Office zugestanden (mehr bedurften angeblich einer Vertragsänderung, es bestand jedoch die Möglichkeit, vollständig im Home Office zu arbeiten). Überstunden kamen sehr selten auf und wurde vom Management auf freiwlliger Basis angefragt (geleistete Überstunden wurden nicht bezahlt, sondern mussten "abgebummelt" werden).

Vorgesetztenverhalten

Meine persönlichen Erfahrungen mit meinen direkten Vorgesetzten waren insgesamt positiv. Ich hatte aufgrund mehrfacher Umstrukturierungen insgesamt 4 verschiedene Teammanager*innen (d.h. durchschnittlich 10,5 Monate pro Manager*in). Die Teammanager erfüllen eher die Funktion von Verwalter*innen und haben meiner Erfahrung nach keinen signifikanten Einfluss und stehen selbst permanent unter Rechtfertigungsdruck. Alle Entscheidungen kamen zentral aus den USA und mussten vom Management an die Belegschaft kommuniziert und anschließend umgesetzt werden. Die eigtl. Relevanz der regelmäßig stattfindenden Mitarbeitergespräche unter 4 Augen bestand in der Besprechung der individuellen Mitarbeiterstatistik. Ansonsten war es ein mehr oder minder nettes, oberflächliches Gespräch. Den höheren Managementebenen muss ich bedauerlicherweise gemischte Noten ausstellen. Einige Manager haben sich aus Mitarbeitersicht wirklich Mühe gegeben und waren sehr nett und kooperativ, sind aber letztlich gescheitert (oder rechtzeitig selbst gegangen). Andere blieben mir als willfährige Vollstrecker der Konzenzentrale weniger rühmlich in Erinnerung und bestachen durch eloquent artikulierte Kompromisslosigkeit.

Interessante Aufgaben

Die Arbeitsprozesse waren insgesamt höchst monoton und repetitiv. Da sich die Zahl der Prozesse im Laufe der Zeit wegen Outsourcings reduzierte, nahmen Monotonie und Wiederholung noch weiter zu (und proportional dazu auch die psychische Belastung). Selbst neue Aufgaben wurden nach kurzer Zeit schnell langweilig und zermürbend. Man stellte mich bewusst als Hochschulabsolvent mit fachspezifischem Hingtergrund ein (ich hatte zu diesem Zeitpunkt bereits erste Berufserfahrung gesammelt). Faktisch war meine Expertise bedeutungslos und wurde nicht genutzt bzw. nicht wertgeschätzt. In der Summe ergab sich chronische geistige Unterforderung.

Gleichberechtigung

Diversivität war nicht nur eine hohle Phrase, denn unser Team war international und mit hohem Frauenanteil (auch auf Managerebene). Niemand wurde aufgrund von Geschlecht, Herkunft, Alter, Glauben oder sexueller Orientierung diskriminiert. Die Bezahlung war - je nach Karrierestufe - für alle gleich, sodass es bei uns keinen sog. Gender Pay Gap gab.
Negativ ist der Umgang mit Zeitarbeiter*innen zu sehen, dienicht nur als offiziell externe Mitarbeiter*innen von diversen Benefits und einigen Aktivitäten ausgeschlossen waren, sondern die in vielen Fällen mit einer Frist von 1-2 Tagen über ihr Ausscheiden aus dem Team informiert wurden. In diesem Zusammenhang fiel auch unangenehm auf, dass Amazon es zumeist vorgezogen hat, die Zeitarbeitsfirmen die schlechte Nachricht überbringen zu lassen, anstatt die betroffenen Kolleg*innen persönlich durch den jeweiligen Manager in Kenntnis zu setzen.

Umgang mit älteren Kollegen

Da der Altersdurchschnitt meines ehemaligen Teams eher im unteren Bereich anzusetzen ist, kann ich nicht viel zu diesem Punkt beitragen. Die nicht einmal handvoll Kolleg*innen, die 40+ oder 50+ Jahre als waren, wurden gleichberechtigt mit den jüngeren behandelt, hatten aber ebenso dieselbe Leistung zu erbringen.

Arbeitsbedingungen

Während meiner 3,5 Jahre bei Amazon haben sich die Arbeitsbedingungen kontinuierlich verschlechtert. Anfänglich war ich von den vielen Freiheiten positiv überrascht, die uns gewährt wurden, solange wir nur das Leistungssoll erfüllten, was mit Hilfe von im Hintergrund laufenden Trackingtools auf individueller Basis geschah. Dies sich daraus ergebende quantitative und qualitative Mitarbeiterstatistik bildete die Grundlage für die regelmäßig Evaluation der Mitarbeiter*innen. Diese Statistik entschied auch über Beförderung und Kündigung. Schließlich wurde das Leistungssoll erhöht, womit der Druck zunahm. Gleichzeitig wurden neue (und bedauerlicherweise fehleranfällige) Tools implementiert, die es zusätzlich gestatteten, jede Aktivität jeder Arbeitnehmer*in individuell nachzuverfolgen, wer also wie lange mit welchem Arbeitsprozess zubrachte oder wie viele und wie lange Pausen gemacht wurden. Neue Arbeitsprozesse waren bei Übernahme i.d.R. unfertig oder basierten auf unklaren oder widersprüchlichen Arbeitsanweisungen.

Umwelt-/Sozialbewusstsein

Amazon ist ein gigantischer, stetig wachsender Konzern und erwiesenermaßen ein Umweltsünder. Neben einer schlechten eigenen Umweltbilanz (Verpackungsmüll, Energieverbrauch) stand und steht das Unternehmen wegen seiner Kooperation mit der Mineralölindustrie, dem Militär usw. in der Kritik. Natürlich ist jedes Unternehmen bei der Gestaltung seiner Geschäftsbeziehungen frei. Allerdings ist es unaufrichtig, pathetisch zu verkünden, dass man Verantwortung übernehme, wenn das eigene wirtschaftliche Handeln u.a. zu Umweltzerstörung, Klimawandel und Artensterben beiträgt.
In diesem Zusammenhang konnte ich auch kein Sozialbewusstsein erkennen, da sämtliche Aktionen solidarischer Hilfe für Mitmenschen und Bedürftige (z.B. Kleiderspende für Obdachlose, Weihnachtsgeschenke für bedürftige Familien), die ich miterlebt habe, nicht vom Unternehmen getragen wurden, sondern von den Kolleg*innen als Privatpersonen, d.h. selbstfinanziert in ihrer Freizeit. Amazon stellte lediglich die Räumlichkeiten für diese "Teamevents" (die nicht als Arbeitszeit zählten) zur Verfügung, postete die Fotos jedoch im Netz und nutzte die Publicity.

Gehalt/Sozialleistungen

Das Gehalt war durchschnittlich und keinesfalls konkurrenzlos. Die vom Unternehmen beworbenen Benefits stechen nicht besonders hervor. Unabhängig von Leistung und Beförderung wurde das Gehalt jährlich geringfügig nach oben angepasst, wobei allenfalls die jährliche Inflation kompensiert wurde. Der Rabatt auf Einkäufe bei Amazon ist aus Mitarbeitersicht lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein, da er auf jährlich EUR 100,- gedeckelt ist. Die Beteiligung an Aktien klingt zunächst einmal gut, jedoch hat sich mir der Mehrwert nicht erschlossen (restricted stock = keine Dividende). Sie scheinen letztlich die Funktion einer bloßen Gehaltsaufbesserung zu haben. Ich erhielt bei Einstieg 2 Aktien sowie jährlich 1 weitere. Sie gingen nach zwei bzw. einem Jahr in meinen Besitz über und konnten dann verkauft werden (abzüglich Steuern). Auf die mir wichtigen gesundheitlichen Zusatzleistungen wartete ich vergebens. An anderen Leistungen, wie z.B. vergünstigten Fitnessclubmitgliedschaften etc., hegte ich kein Interesse. Positiv fand ich die Austeilung (nichtübertragbarer) Monatsfahrkarten für den öffentlichen Nahverkehr an alle Mitarbeiter*innen, die wollten.

Image

Mir ging es wie vielen in meinem Team: Ich hielt die Firmenphilosophie, wie sie u.a. in den Leadership Principles formuliert wurden, für Augenwischerei. Ich erhielt den Eindruck, dass diese Prinzipien ziemlich willkürlich gebraucht wurden. Während sie sowohl zur Begründung aller wirtschaftlichen und gewerblichen Initiativen als auch zur Rechtfergigung kleinerer und größerer Versäumnisse durch das Unternehmen bemüht wurden, wurden Argumente der Arbeitnehmerseite unter Bezug auf dieselben Prizipien stets ignoriert. In der internen Kommunikation mit dem Mitarbeiterstab wurde häufiger ein künstlich wirkender Business Speak benutzt, der unangemessen war und die Diskrepanz zwischen (großspurigen) Worten und (ungenügenden) Taten offenlegte. Bedrückend emfpand ich insbesondere den Umstand, dass einer ganzen Gruppe intelligenter, erwachsener Menschen ein Märchen erzählt wurde, das sie längst durchschaut hatten. (Bei uns im Team wurde viel hinter vorgehaltener Hand geredet.)

Karriere/Weiterbildung

Das berechtigte Interesse an Karriere- und Weiterbildungsmöglichkeiten blieb im Großen und Ganzen unbefriedigt. Es war zwar grundsätzlich möglich, befördert zu werden, jedoch wurde der Prozess erst nach und nach transparenter kommuniziert, ohne dass am Ende 100 %ige Klarheit darüber herrschte, was denn nun konkret zu tun sei und warum Karriereschritte mal ermöglicht wurden und mal nicht. Das Thema Karriere wurde jedoch grundsätzlich sehr wohlwollend vom unteren Management aufgenommen. Jedoch gab es weder ausreichend Zusatzaufgaben zu verteilen noch relevante Weiterbildungsinhalte, als dass man berechtigerweise davon sprechen könnte, dass sich Arbeitnehmer*innen hier beruflich entfalten und substanziell weiterentwickeln konnten.

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