diktierte Emails, stille Post, Mikromanagement, keine Entscheidungsspielräume für Experten, Ja-Sager als Führungskräfte
Gut am Arbeitgeber finde ich
Gehalt, flexible Arbeitszeiten
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Traditionelles, streng hierarchisches Arbeiten, bei dem der Mitarbeiter nur als Ressource mit Fähigkeiten betrachtet wird und nach Gutdünken der viel zu jungen und unerfahrenen Führungskräfte eingesetzt wird.
Hier gibt es kein Miteinander auf Augenhöhe, sondern das Management und die Ressourcen. Eigenständiges Arbeiten ist nur in strengen Grenzen möglich. Entscheidungen darf man egal mit welcher Expertise nicht treffen.
Fachliche Vorgesetzte und Personalvorgesetzte sind in unterschiedlichen Hierarchien, offiziell damit der Mitarbeiter bei Problemen mit dem fachlich Vorgesetzten auf den Personalvorgesetzten zugehen kann. Die Personalvorgesetzten reden aber so selten mit ihren Mitarbeitern (im schlimmsten Fall nur im Vorstellungsgespräch), dass die dann eher Angst vor Ihnen haben. Informationen werden über die Hierarchiestufen per stiller Post geteilt.
Die Lösung für Kapazitätsprobleme ist die Einstellung neuer Mitarbeiter. Vollkommen ineffiziente Prozesse werden beibehalten, und statt Hierarchien abzubauen, um effizienter und besser zu werden, werden Aufgaben gespiegelt und zusätzliche Hierarchien aufgebaut. Bisher ist die Firma so stark gewachsen, daß ständig jemand befördert werden konnte. Jetzt hat man noch nicht erkannt, dass es inzwischen zu viele Mitarbeiter sind und stellt weiter ein.
Der Einstellungsprozess ist so super vorbereitet und man bekommt so einen tollen Eindruck in den Gesprächen, daß man sich nicht vorstellen kann auf so eine Realität zu treffen.
Interne Bewerbungen laufen über den eigenen fachlichen Vorgesetzten oder über den HR-Prozess, bei dem Ghosting nicht ausgeschlossen ist.
Verbesserungsvorschläge
- Verantwortung durch alle Hierarchieebenen delegieren und Abstimmungsschleifen reduzieren
- dauernde Feedback-Schleifen für den Mitarbeiter reduzieren
- fachliches, konstruktives Feedback nicht verbieten, sondern fördern
- stille Post in der Kommunikation und in den Diskussionen beenden
- fachliche Vorgesetzte auch zu disziplinarischen Vorgesetzten machen (die Personalvorgesetzten kümmern sich ohnehin nicht)
- internen Bewerbungsprozess überarbeiten
- schlechte Manager/ Direktoren schulen/ austauschen
- den Mitarbeiter nicht als Ressource betrachten, sondern als Mitarbeiter mit eigenen Karrierezielen und -wünschen
- ineffiziente Prozesse überarbeiten statt ständig neue Mitarbeiter einstellen
- Fehlerkultur analysieren
Arbeitsatmosphäre
+ Die Firma versucht vieles, um Mitarbeiter anzulocken und bei Laune zu halten (Townhall Meetings, Digital HealthWeek, etc).
- Führungskräfte sind im Durchschnitt knapp über 30, kinderlos, männlich, gern auch ehemalige RVLs (mit einem entsprechend schlecht auf zentrale Mitarbeiter abgestimmten Führungsstil). Sie setzen um, was von oben vorgegeben wird ohne Fragen zu stellen. Es gibt kein 360°-Feedback für Manager. Als Mitarbeiter ist man den Launen und Ansichten der Manager schutzlos ausgesetzt. Eben dies soll eigentlich durch die Personalvorgesetzten (Direktoren) verhindert werden. Dazu müssten sich die Direktoren aber auch für ihre Mitarbeiter interessieren. Meistens schaffen sie es nicht einmal zu banalen Anlässen wie dem Geburtstag mit dem Mitarbeiter Kontakt aufzunehmen und "wundern" sich dann, dass die Mitarbeiter Angst vor Ihnen haben. Das wird zusätzlich dadurch gefördert, dass die Urlaubsvertretung eines Managers generell von einem fachfremden Manager übernommen wird, statt von Experten aus dem Team.
- jedes Jahr werden über 200 neue Mitarbeiter eingestellt. die werden dann von ihren Kollegen eingearbeitet, die kaum länger da sind.
Kommunikation
Die Kommunikation neuer Vorgaben erfolgt in Form von Bulletins. Hier sind die Vorgaben teilweise über mehrere Bulletins hinweg nachzulesen und für jeden selbst zu erforschen (sehr effizient). Für die meisten Themen gibt es hauptverantwortliche Bereiche. Die aber keinen Grund sehen End user in Änderungsprozesse aktiv einzubinden. Änderungen wurden ja über Bulletins kommuniziert. Da hat man sich gefälligst dran zu halten. Sind die Vorgaben uneindeutig/ lückenhaft, darf es trotzdem keine Fehler geben.
Relevant ist, dass der Status Quo erhalten bleibt und die mit dem Top Management besprochenen Themen koste es, was es wolle umgesetzt werden. Eine reflektierte Betrachtung der Entscheidung ist nicht erwünscht.
Die Fachexpertise der Mitarbeiter wird zwar an vielen Stellen immer wieder hervorgehoben, aber in Entscheidungen werden sie nicht einbezogen.
Bitte alles hochpolitisch und schriftlich festhalten.
Kollegenzusammenhalt
Wie überall: hängt stark vom Team ab. Aber: Mitarbeiter werden als Ressourcen mit Fähigkeiten betrachtet.
Als Ressource erhält man Aufgaben, aber keine Verantwortung.
Die Aufgabenverteilung übernimmt der jeweilige Manager Anfang 30; nach seiner Einschätzung der vorhandenen Fähigkeiten seiner Ressourcen.
Da für die Manager nur die Abarbeitung von Aufgaben relevant ist, spielt es keine Rolle, wer welche Aufgabe erledigt. Dadurch kann es im Team zum Hauen und Stechen, um die besten Aufgaben kommen. Jede Ressource steht sich selbst am Nächsten. Dann erfährt man von Aufgaben im Nachhinein oder es haben auch mehrere aus dem Team daran gearbeitet (weil es so wenige Möglichkeiten zum Glänzen gibt, nutzt jeder die Gelegenheiten, die sich bieten und die Zusammenarbeit im Team wird schlechter).
Mit der neuen Feedback-Kultur muss man sich alle 3 Monate von mindestens 3 Kollegen Feedback holen und mit dem Vorgesetzten besprechen.
Work-Life-Balance
Es wird genau auf die Einhaltung der Arbeitszeitgesetze (10 Stunden Tag, 11 Stunden Ruhezeit) geachtet, Überstunden werden ausgezahlt.
Darüber hinaus gibt es einen inoffiziellen 10-15 Stunden Tag für jeden der Karriere machen oder interessante Aufgaben übernehmen möchte. Die hohen Überstunden-Aufwände liegen am großen Abstimmungsbedarf und ineffizienten Prozessen. (Führungskräfte wollen zwar die Verantwortung nicht an ihre Ressourcen abgeben, die mit fachlicher Expertise einfachste Entscheidung treffen könnten, wollen aber auch keine Entscheidung treffen, ohne sich 5 mal abgesichert zu haben.) - bloß keine Fehler
Die Standard-Antwort auf Überstunden ist die Einstellung neuer Mitarbeiter und nicht die Überprüfung ineffizienter Prozesse. Um Managemententscheidungen umzusetzen, werden bewußt zusätzliche Ineffizienzen in Kauf genommen.
Viele Angebote sind nett gemeint (z.b. englisch), aber außerhalb der Arbeitszeit bei vielen Überstunden nicht realisierbar oder fragwürdig (englisch wird in der täglichen Arbeit eingefordert.)
Vorgesetztenverhalten
- Mitarbeiter werden als Ressourcen betrachtet und so auch gemanagt. Es werden konkrete Arbeitsaufträge vergeben, deren direkte Folgeaufträge jederzeit einem anderen Mitarbeiter übertragen werden können.
- Verantwortung und Gestaltungsspielraum liegen bei den Führungskräften, die auch sicherstellen immer einen ausreichend großen Informationsvorsprung zu haben. Führung auf Augenhöhe geht anders.
Generell spielt der Titel auch auf Mitarbeiterebene eine ausgesprochen große Rolle. Die ideale Ressource macht was gesagt wird und hinterfragt nicht.
Es gibt wöchentliche Team-Meetings und wöchentliche Jour Fix-Termine bis hin zu Daily StandUps, um die abgearbeiteten Aufgaben jeder Ressource im Blick zu behalten (und den Druck aufrecht zu erhalten).
Interessante Aufgaben
Als Ressource bekommt man immer nur Teilaufgaben zum Abarbeiten, Diskussionen/ Ergebnisse vorstellen oder das Big Picture mitgestalten sind Aufgaben der Führungskräfte oder des Top Managements. Die tolle Linkedin-Werbung ist reine Blendung. I will... (auch als erfahrener Experte) jeden Satz einer Email so aufschreiben, wie er mir diktiert wird. Fehlerkultur: 0 Toleranz
Gleichberechtigung
Es gibt Frauen in unterschiedlich hohen Führungspositionen. Dennoch paßt das nicht zum Verhältnis in der Belegschaft und es gibt Bereiche, die zu 100% von Männern geführt werden. Eine Verteilung nach Geschlecht im Organigramm wurde abgeschafft. Dann erkennt man den Mißstand nicht auf den ersten Blick.
In Teilzeit zu arbeiten, heißt auch die interessantesten Aufgaben abgeben zu müssen. Manager kümmern sich aufgrund des enormen Arbeitspensums meist nicht um die Care-Arbeit zuhause und haben keinerlei Erfahrung und Vorstellung, wie das sinnvoll zu vereinen ist. Da auch nur die Abarbeitung von Aufgaben eine Rolle spielt, hat man in Teilzeit das Nachsehen.
Während Corona war das Unternehmen relativ vorsichtig und auf die Mitarbeiter bedacht, aber das Schulen zu sind und eingeschränkte Betreuungszeiten in der Kita gelten, hat man bei erstbester Gelegenheit vergessen. Das Nachsehen haben (zumeist) Mütter, die dann nicht mehr zuverlässig sind und per se mit den unwichtigsten Aufgaben betraut werden.
Umgang mit älteren Kollegen
Hier gehört man mit Mitte 40 zum alten Eisen.
Arbeitsbedingungen
Vor Corona gab es bereits 80 Stunden Mobile Working pro Monat (1-2
Tage pro Woche je nach Überstunden). Trotzdem haben sich 2 Mitarbeiter einen Schreibtisch geteilt (und es gab einige Hundert Mitarbeiter weniger). Dabei galt wer zuerst kommt, malt zuerst. Rücksicht auf besondere Bedürfnisse? Fehlanzeige !! Dann sitzt eben der 2m-Mann mit der 1,60m Frau an einem gemeinsamen Schreibtisch, der sich nur auf eine Höhe einstellen läßt.
Im Großraumbüro für 25-30 Personen, waren dann mal eben 50 drin.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Verwaltungsmitarbeiter über die Filialmitarbeiter in der Impfreihenfolge vormogeln? Schämt euch !
Ansonsten sind man hier bedenklich wenig wirklich ältere Mitarbeiter, Mütter haben die schlechteste Beförderungsstatistik, gleich hinter Frauen.
Mütter in Führungspositionen dürfen kurzfristig kürzer treten, aber dann bitte schnell wieder auf den 45h-Vertrag zurück oder wieder als Mitarbeiter arbeiten. Die 45h-Verträge für Führungskräfte sind notwendig, um den hohen Abstimmungsbedarf im stille Post-Verfahren abdecken zu können.
Gehalt/Sozialleistungen
Sehr gute Gehälter, die im Giesskannenprinzip regelmäßig erhöht werden.
Das gilt fairerweise auch für Mütter in Elternzeit, deren Gehalt bei Rückkehr vollständig an die bestehenden Gehälter angepaßt wird. Das täuscht aber trotzdem nicht darüber hinweg, das häufig Frauen auf schlechtere Gehaltsbänder eingestellt und nicht oder langsamer befördert werden.
Image
Handel. Aber es bessert sich, weil viele Angebote für Mitarbeiter gemacht werden und auch die Kommunikation in den Social Media entsprechend erhöht wird.
Karriere/Weiterbildung
Es gibt Weiterbildungen durch HR im Gießkannenprinzip und man kann sich auch selbst überlegen, worin man geschult werden möchte. Ob das für die Karriere hilft? Eher nicht. Die Führungskräfte sind am Jahresende in der Lage zu sagen, was nicht gut lief, aber nicht in der Lage zu coachen, damit es besser wird.
Bei Bewerbern sind die Fähigkeiten wichtig, die sie als neue Ressourcen mitbringen und nicht die Wünsche der Bewerber für ihre Zukunft. Man geht davon aus, dass der Rest mit der Zeit schon kommt.
Hier gibt es Ghosting übrigens auch bei internen Bewerbungen.