Der Lack ist ab - die Kultur ist dahin
Gut am Arbeitgeber finde ich
Die Kollegen
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Verlust der mal guten Unternehmenskultur. Fehlbesetzungen vor allem in den höheren Führungsebenen, die langsam auch auf die direkten Vorgesetzten der Mitarbeiter durchschlagen.
Verbesserungsvorschläge
Ehrlichere Kommunikation mit den Mitarbeitern. Anpassung der Gehälter an den Marktstandard.
Arbeitsatmosphäre
Adesso war immer sehr stolz auf die Unternehmenskultur. Die ist - vermutlich durch das Wachstum - auf der Strecke geblieben. Dass die Stimmung immer schlechter wurde, ist auch den höheren Stellen aufgefallen. Daher gab es in diesem Jahr quasi verpflichtende "Culture Code" Veranstaltungen (natürlich in der Freizeit), in denen die inzwischen schriftlich festgehaltenen "Werte" diskutiert (bzw. vermittelt) werden sollten. Aufkommende kritische Diskussionen wurden dabei sehr schnell im Keim erstickt. Werte wie "Probleme werden offen und ehrlich angesprochen" gelten offensichtlich nur in einer Richtung (von oben nach unten - und bei "offen" und "ehrlich" gilt das anscheinend auch nur manchmal).
Es zählt nur noch die Auslastung und fakturierte Stunden. Was man dabei macht ist komplett unwichtig. Das ist zwar in der Branche normal - aber bei anderen Unternehmen versucht man das nicht vergeblich durch das Mäntelchen der angeblich tollen Kultur zu verbergen. Man ruht sich auf den in der Vergangenheit "erworbenen" Auszeichnungen des Best Place to Work aus - die aktuelle Stimmung unter den Mitarbeitern ist eine andere.
Kommunikation
Positiv: es wird sehr offen über den wirtschaftlichen Stand des Unternehmens informiert. Etwaige Erfolge kommuniziert der Vorstand auch stolz selbst.
Negativ: Alles andere - und das sind vor allem die Daumenschrauben, die aktuell angezogen werden - wird über die Hierarchiekette von oben nach unten gegeben, so dass in den einzelnen Bereichen sehr unterschiedliche Begründungen für die Einschnitte gegeben werden.
Kollegenzusammenhalt
Man hilft sich auf der operativen Ebene gegenseitig und steht zusammen - das hat sich nicht geändert. Es gibt eine ganze Reihe von beeindruckenden Persönlichkeiten. Die Zusammenarbeit mit anderen Bereichen funktioniert so lange gut, wie die Führungsebene nicht beteiligt ist - dann wird alles sehr politisch und es geht nicht mehr um die Sache, sondern die persönlichen Ziele der Bereiche bzw. Vorgesetzten.
Work-Life-Balance
Typisch für eine IT-Beratung. Man darf hier nicht erwarten, dass man ohne Überstunden etwas erreichen kann. Abzug in der Bewertung, weil in der offiziellen Kommunikation etwas anderes vorzugaukeln versucht wird.
Vorgesetztenverhalten
In den letzten Jahren sind viele neue Vorgesetzte eingestellt worden, die die vielbeschworene Unternehmenskultur nur noch vom Hörensagen kennen - und diese nicht leben. Dies gilt insbesondere in den höheren Bereichen bis hin zum Vorstand. Befördert werden nur diejenigen, die wirtschaftlich erfolgreich sind - ganz egal, ob sie als Führungskraft taugen und wie sie mit den Mitarbeitern umgehen, und wie sie "ihre" Erfolge erreicht haben. Man kann Glück haben, wenn man einen Vorgesetzten vom alten Schlag erwischt - aber das werden immer weniger.
Interessante Aufgaben
Typisch für eine IT Beratung - von uralten Umgebungen bis zum technologisch neuesten Projekt kann alles dabei sein. Aufgrund der (selbst verschuldeten) "wirtschaftlichen Situation" nehmen die reinen Bodyleasing Projekte zu. Hauptsache kundenverrechenbare Stunden machen, alles andere ist egal.
Gleichberechtigung
Eigentlich vorbildliche Aktivitäten zur Förderung von Frauen in der IT. Jetzt hat man sogar eine Frau im Vorstand - allerdings die übliche Quotenfrau (nämlich als Personalvorstand). Dem neuen CEO scheint das alles nicht mehr wichtig - er spricht beispielsweise in Abweichung von der eigentlich offiziell motivierten Sprachform ausschließlich von männlichen Mitarbeitern - und das konsequent.
Umgang mit älteren Kollegen
Es gibt - außer in den höheren Führungspositionen - so gut wie keine älteren Kollegen. Was unter anderem an der Gehaltsentwicklung und der Work-Life Balance liegen dürfe.
Arbeitsbedingungen
Technische Ausstattung branchenüblich gut. Je nach Geschäftsstelle laute Großraumbüros.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Man hängt sich - für Aktiengesellschaften ja üblich - ein grünes Mäntelchen um.
Gehalt/Sozialleistungen
Das Gehaltsniveau ist deutlich unter dem Marktniveau - außer, man hat bei der Einstellung gut verhandelt. Nach der Einstellung sind Gehaltssprünge nur noch mit massivem Druck möglich - mit Verweis auf die (nicht mehr wahrnehmbare) gute Unternehmenskultur.
Ein paar Beispiele:
Während der Pandemie gab es "wegen der Unsicherheit" kaum Gehaltserhöhungen. Als steuerfreien Bonus gab es 50,- (fünfzig!) Euro - die nur im "adesso Shop" für Werbematerialien ausgegeben werden konnten. Gleichzeitig war es "das beste Jahr der Unternehmensgeschichte" mit einem Rekordgewinn. Vielen Dank.
Im letzten Jahr gab es trotz 10 % Inflation kaum Gehaltserhöhungen - weil ja "nach Leistung" bezahlt werde und nicht nach gesamtwirtschaftlichen Rahmenbedingungen.
In diesem Jahr gab es für einige Bereiche gar keine Gehaltserhöhungen und für den Rest nur geringe - weil es dem Unternehmen ja so schlecht gehe. Wegen des ungezügelten Wachstums wurden die (unrealistischen) Gewinnziele nicht erreicht (dass Wachstum Geld kostet, kann ja keiner wissen). adesso macht übrigens immer noch Gewinn... Anscheinend wird nicht nach Leistung bezahlt, sondern nach nicht durch den Arbeitnehmer zu verantwortenden Fehlentscheidungen.
Image
Starker Unterschied zwischen der nach außen kommunizierten "Heile Welt" und der Realität. Adesso wird gerne mit "der Zeitarbeitsfirma" verwechselt - was zunehmend gar nicht mehr so falsch ist.
Karriere/Weiterbildung
Wenn man sich kümmert und gegenüber den Vorgesetzten durchsetzt, und bereit ist, Freizeit zu investieren, dann gibt es gute Weiterbildungsmöglichkeiten.