Interessanter Berufseinstieg, aber kein professionelles Arbeiten in der "dotSource Family"
Gut am Arbeitgeber finde ich
Abwechslungsreiche Projekte und in meinem Team die Möglichkeit, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen und die Arbeit von anderen Teams mitzubekommen.
Schlecht am Arbeitgeber finde ich
Von oben gelebte Doppelmoral z. B. im Thema Arbeitsauslastung, Abrechenbarkeit und Überstunden. Kritik wird oft Rechtfertigung entgegengebracht, statt sich der Themen ehrlich anzunehmen und nach einer Lösung zu suchen.
Verbesserungsvorschläge
Sich klar werden, dass ein Unternehmen nur mit motivierten Mitarbeitenden funktioniert und man sich z. B. an Werte der aktuellen Zeit anpassen muss. Überstunden dürfen nicht einerseits als Ausnahmefälle kommuniziert und andererseits honoriert und gefeiert werden. Das kollektive Standing zu aktuellen Themen schärfen.
Professionalität steigern und Vorbildfunktion der GF anerkennen. Wir sind hier eben keine Familie und arbeiten aus Spaß miteinander, es sollte ein professionelles Vertragsverhältnis herrschen.
Arbeitsatmosphäre
Hier arbeiten viele junge Menschen, dadurch entsteht eine lockere, aber wenig professionelle Atmosphäre. Das Wort "Agil" war für mich nach einiger Zeit ein Euphemismus für Plan- und Strukturlosigkeit, welche in den meisten Projekten herrscht.
Viele Mitarbeitende leiden unter der strengen Zeiterfassung, die keinen Raum für kreativen Leerlauf lässt. Im 15 Minutentakt wird auf Kunden (das ist klar und nachvollziehbar) und intern auf vorgefertigte Kategorien gebucht. Das, was man z. B. zwischen Kundenterminen macht, muss da irgendwie reinpassen. Interne Aufwände sollen nur so wenig wie möglich gebucht werden, um die Abrechenbarkeit hoch zu halten. Das ist nur ein Beispiel dafür, dass sich im gewünschten Start-Up Kontext nur das rausgepickt wird, was wirtschaftlich nutzt. Es wird von der "dotSource Family" gesprochen und damit eine soziale Abhängigkeit geschaffen, damit Mitarbeitende bereit sind sich für dotSource, Projekte und Teammitglieder aufzuopfern.
Kommunikation
Die Kommunikation in Projekten ist selten gut und ausreichend, weil jede mitarbeitende Person eigene Ziele verfolgt. Beispiel: Sales möchte ein Projekt so schnell wie möglich ins Rollen bringen und achtet deshalb nicht auf bereits ausgelastete Fachabteilungen, Termine werden Kunden trotzdem zugesagt, um zusätzlichen Druck zu erzeugen.
Kommunikation "von oben" in den regelmäßig stattfindenden Hacktagen ist manchmal Fremdscham pur. Hier werden auch andere Unternehmen und vor allem deren Benefits schlechtgeredet, weil man selbst nicht bereit ist diese zu geben.
Die Kommunikation in meinem Team habe ich als gut wahrgenommen, besonders die jährlichen Entwicklungsgespräche.
Kommunikation nach außen: Kunden gegenüber durfte man nicht sagen, wenn man erst kurz bei dotSource ist. Jede/r wurde als Expert/in verkauft, selbst, wenn man sich noch in der Einarbeitung befindet.
Kollegenzusammenhalt
Habe ich innerhalb der Teams als gut wahrgenommen. Teamübergreifend wird häufig getratscht und leider auch gelästert. Es gibt auch Zerwürfnisse innerhalb der GF, was ein offenes Thema und für Mitarbeitende spürbar ist.
Work-Life-Balance
In Agenturen immer ein Thema... hier auch. Projekt geht über alles. Überforderung an Führungskraft kommuniziert, aber "das ist ja nur momentan so" und "nach dem Projekt wird es besser". Wir hatten im Team viele und lange Krankheitsausfälle, die selbstverständlich durch den Rest des Teams kompensiert werden mussten. Andere verkürzen die Arbeitszeit bei gleichbleibender Projektauslastung und es wird erwartet, dass der gleiche Arbeitsaufwand in weniger Zeit und für weniger Gehalt geschafft wird. Viele Mitarbeitende gehen, weil das Stresslevel einfach zu hoch ist und man laut GF immer noch nicht genug Kunden und Gewinn hat.
Bei Beförderungen wird gelobt, wenn jemand bereit ist die Extra-Meile zu gehen und Überstunden en masse für ein Projekt gemacht hat. Mir wurde am ersten Tag (!) gesagt, dass das Wort "Betriebsrat" hier ein No-Go ist und man so nicht auffallen sollte. Ein weiterer Satz war "Sag am besten immer, dass du ausgelastet bist. Sonst kriegst du nur noch mehr auf den Tisch."
Vorgesetztenverhalten
Meine direkte Führungskraft war sehr engagiert und interessiert in der Weiterentwicklung der Teammitglieder, was agenturweit jedoch nicht der Fall ist.
Interessante Aufgaben
Durch wechselnde Kunden und Branchen echt interessant und meiner Meinung nach der einzig wirkliche Benefit der Agenturarbeit. Man lernt sehr schnell sehr viel (weil man natürlich auch sehr viel zu Tun hat...) und kann sich in meinem Fall auch Projekte aussuchen, die interessant wirken. Leider hat man in den Projekten oft einfach nicht genug Zeit, um die bestmögliche Arbeit abzuliefern, z. B. weil feste Personentage verkauft wurden die nicht überschritten werden sollen.
Gleichberechtigung
Mir wurde z. B. ein niedrigeres Gehaltsband kommuniziert als anderen (männlichen) Kollegen. Ob das jetzt nur auf mein Geschlecht zurückzuführen ist oder generell willkürlich von Person zu Person angepasst wird, weiß ich nicht. Die Führungskräfte sind überwiegend männlich.
Umgang mit älteren Kollegen
Der Altersdurchschnitt ist extrem jung, deswegen gibt es kaum ältere Kollegen.
Arbeitsbedingungen
Großraumbüros wenn 4+ Personen telefonieren sind definitiv zu laut, um konzentriert zu arbeiten. Es gibt nicht genügend Meetingräume zum Ausweichen. Die Arbeitsatmosphäre leidet in stressige Phasen, wenn alles asap passieren muss. Dann wird auch nicht mehr auf den Tonfall geachtet. Überstunden im Projekt werden erwartet, um zu eng getaktete Deadlines zu erfüllen.
Homeoffice-Regelung von Team zu Team extrem unterschiedlich: teils gibt es feste Bürotage und den Wunsch zur "Präsenzkultur" zurückzukehren. In manchen Teams darf man nur im HO arbeiten, wenn der Heimatort eine gewisse km-Anzahl vom Büro weg ist. Andere Teams arbeiten komplett nach Belieben im HO. Diese Ungleichbehandlung führt ebenfalls zu Unzufriedenheit.
Umwelt-/Sozialbewusstsein
Sozialbewusstsein habe ich als gut wahrgenommen, es werden einige lokale Initiativen unterstützt, solange sie zum Image passen. Umweltbewusstsein ausbaufähig.
Gehalt/Sozialleistungen
Unterdurchschnittliches Gehalt und auch innerhalb des Teams nicht systematisch oder gerecht verteilt. Es wird kommuniziert dass Gehaltsbänder eingesehen werden können, aber von 3 Mitarbeitenden wurde jede/m von uns im gleichen Zeitraum etwas anderes genannt? Das hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack und führt zu Unzufriedenheit.
Gehaltsgespräche führt immer noch die GF selbst und es gibt in manchen Teams die Regel, dass man nur alle 2 Jahre eine Gehaltsverhandlung anstoßen darf.
Gehalt kommt erst im Folgemonat, was nicht mehr zeitgemäß ist.
Gut: Überstunden werden erfasst und können abgebummelt werden, sofern Projekte das zulassen.
Image
dotSource redet gut über dotSource, aber intern sind viele unzufrieden.
Karriere/Weiterbildung
Es gibt eine Online Academy, in der man Schulungen machen kann, die für die jeweilige Position als passend eingestuft werden. Im Arbeitsalltag bleibt aber oft zu wenig Zeit für Weiterbildung.
Bildungsurlaub gibt es nicht, weil durch ebendiese (teils verpflichtenden) Schulungen abgegolten, was ein absoluter Witz ist.